Karl-Heinz-Hoffmann, Gründer der legendären „Wehrsportgruppe Hoffmann“, begeht heute seinen 85. Geburtstag. Seine politischen Ansichten sind streitbar, sein Charakter wird von vielen als schwierig beschrieben, mit den meisten seiner ehemaligen Weggefährten hat er mittlerweile gebrochen. Doch obwohl sich Hoffmann nie als Teil des Nationalen Widerstandes gesehen hat, empfing er uns vor fünf Jahren anlässlich seines 80. Geburtstages auf Schloss Ermreuth und gab uns spannende Einblicke in sein bewegtes Leben. Über seinen YouTube-Kanal veröffentlicht Hoffmann weiterhin in unregelmäßigen Abständen Mitschnitte aus Interviews und Kommentare zum Zeitgeschehen. Zu seinem heutigen 85. Geburtstag veröffentlichen wir das ausführliche Porträt Hoffmanns aus der N.S. Heute-Ausgabe #6 (November/Dezember 2017).
An einem verregneten Dienstagnachmittag Mitte Oktober erreichen wir Schloss Ermreuth in Oberfranken, östlich von Erlangen und nordöstlich von Nürnberg, dessen Geschichte bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht. An der Eingangstür erwartet uns bereits der Hausherr. In heller Trachtenjacke, mit weißgrauem Vollbart und einem wachen, offenen Blick, empfängt uns Karl-Heinz Hoffmann, Initiator und Chef der 1980 verbotenen „Wehrsportgruppe Hoffmann“ und politischer Freidenker.
Durch die Eingangshalle werden wir in einen Gewölberaum mit rustikaler Holzeinrichtung und Kachelofen geführt, Frau Hoffmann serviert Kaffee und Wasser. Wir wollen uns mit Karl-Heinz Hoffmann über seine politischen Ansichten und seinen mittlerweile 80-jährigen Lebensweg unterhalten. „Wir können über alles reden“, hieß es von Hoffmann bereits im Vorfeld, einzige Bedingung: Das Gespräch wird mitgefilmt und später im Netz veröffentlicht – so wie es bei ihm immer gemacht wird, egal welcher Fernsehsender oder welche Publikation um ein Interview bittet.
Kindheit in der DDR, Jugend in der BRD
Die Kamera wird gestartet, das Interview läuft. Wir wollen unsere ersten Fragen stellen, doch zunächst hat Hoffmann selbst einige Anliegen. Er möchte klarstellen, dass er gerne bereit ist, mit der N.S. Heute zu sprechen, obwohl er sich selbst keinesfalls als Nationalsozialist sieht. Die nationalsozialistische Rassenlehre und die Rassegesetze lehnt er ab, er spricht von „Vulgärrassismus“. Sein zweites Anliegen ist es, gegen den seiner Auffassung nach im nationalen Bereich weit verbreiteten „Anti-Turkismus“ Stellung zu beziehen. Die Auswüchse des maßgeblich von Saudi-Arabien geförderten Salafismus hätten mit den in Deutschland lebenden Türken nichts zu tun. Selbstverständlich könnten Türken Deutschland zu ihrer Heimat machen und auch ihre Kultur und Gebräuche behalten, genauso wie schließlich auch viele Auslandsdeutsche ihre Kultur bewahren. Hoffmann, der viel in der islamischen Welt herumgereist ist, habe nur sehr wenig fanatische Moslems kennengelernt. Er kritisiert die „anti-islamische Hetze“ der AfD, die einen „Religionskrieg“ vorbereiten würde. – Hoffmann sorgt also gleich zu Beginn für reichlich Diskussionsstoff. Später werden wir auf diese Themen nochmal zu sprechen kommen, doch zunächst wollen wir mit ihm über sein bewegtes Leben sprechen.
Karl-Heinz Hoffmann wird am 27. Oktober 1937 in Nürnberg geboren. Sein Vater, ein Facharzt, fällt im Zweiten Weltkrieg. Hoffmann wird mit seiner Familie während der Luftangriffe auf Nürnberg nach Kahla in Thüringen evakuiert, wo er aufwächst und zur Schule geht. Die Schule verlässt er mit guten Zensuren, doch die Aufnahme in die Erweiterte Oberschule (EOS) wird ihm verweigert, da er keinem proletarischen Elternhaus entstammt. Kinder aus Arbeiter- und Bauernfamilien werden insbesondere in der Frühphase der DDR, auch bei schlechteren Leistungen, bevorzugt in die EOS aufgenommen. Mit 13 Jahren beginnt Hoffmann eine Lehre zum Porzellanmaler mit dem Ziel, anschließend auf die Porzellanfachschule Hermsdorf aufgenommen zu werden. Als ihm nach Abschluss der Lehre auch die Aufnahme auf die Porzellanfachschule mit Hinweis auf seine nicht-proletarische Herkunft verwehrt wird, überlegt er sich einen anderen Plan. Hoffmann stellt bei den DDR-Behörden den Antrag, seine Großmutter in Nürnberg besuchen zu dürfen, was auch genehmigt wird. Der damals 15-Jährige reist mit Genehmigung der DDR aus, kommt allerdings nicht zurück, sondern bleibt im Westen. Als er 16 Jahre alt wird, beantragt er einen BRD-Personalausweis, den ihm die West-Behörden ausstellen, ohne zu wissen, dass er in den letzten Jahren in der DDR gelebt hat.
Eigentlich will Hoffmann Geschichte studieren, doch da ihm in der DDR das Abitur verwehrt wurde, darf er nicht auf die Uni gehen. Deshalb ersucht er um Aufnahme in die Akademie der Bildenden Künste in München. Normalerweise braucht man für diese Hochschule ebenfalls Abitur, aber es können Ausnahmegenehmigungen erteilt werden, wenn man bereits einen einschlägigen Beruf gelernt hat und überdurchschnittliche Fähigkeiten nachweisen kann. Der junge Hoffmann absolviert erfolgreich das strenge Auswahlverfahren, er studiert erst in München und später in Nürnberg. Doch der akademische Betrieb, der weitgehend von abstrakter Kunst beherrscht ist, sagt ihm nicht zu. Er verlässt die Nürnberger Kunstakademie und baut sich als selbständiger Graphiker eine Existenz auf.
Vom Stahlhelm zur Wehrsportgruppe Hoffmann
Die Begeisterung für alles Militärische erklärt Hoffmann mit seinem Geburtsjahrgang: 1937 geboren, erlebt er als Kind die Endphase des Zweiten Weltkrieges und kann sich damals nichts anderes vorstellen, als später einmal selbst Soldat zu werden. Es schmerzt ihn, als Deutschland nach dem Krieg erstmal kein eigenes Militär mehr hat. Von der Politik hält sich der junge Hoffmann allerdings vollkommen fern: Seine Elterngeneration hatte sich für politische Ideale eingesetzt und musste dies teuer bezahlen, deshalb will Hoffmann, ähnlich wie seine Klassenkameraden, mit Politik nichts am Hut haben. Dies ändert sich mit den Ostverträgen Anfang der 1970er-Jahre, als die von Willy Brandt geführte sozialliberale Regierung den Raub der deutschen Ostgebiete anerkennt und sich nach dem Grundsatz „Wandel durch Annäherung“ für eine Verständigung mit der DDR einsetzt. Zur gleichen Zeit wird die vom „Club of Rome“ in Auftrag gegebene Studie „Die Grenzen des Wachstums“ veröffentlicht; eine der ersten Schriften, in der wissenschaftlich erklärt wird, wohin grenzenloses Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum führen könnte. Hoffmann ordnet seine Gedanken in einem politischen „Manifest“, ein Schubladenprogramm, welches irgendwann zu gegebener Zeit veröffentlicht werden sollte. Dieses Manifest wird Jahre später als Handhabe für das Verbot seiner Wehrsportgruppe herhalten müssen, obwohl das Manifest mit der WSG gar nichts zu tun hatte.
Hoffmann besucht verschiedene politische Veranstaltungen, auch welche der NPD, kann sich mit ihrem „pathetischen Getue“ allerdings nicht anfreunden. Die Jugend ist zur damaligen Zeit zum großen Teil sozialistisch/kommunistisch eingestellt, was Hoffmann, der die Ostzone zehn Jahre erlebt hat, nicht verstehen kann und nicht akzeptieren will. Gegen die Verwahrlosung der Jugend sammelt er eine kleine Gruppe um sich, sozialgefährdete Jungs, teilweise Söhne us-amerikanischer Besatzungssoldaten. Dieses von Hoffmann selbst als „sozialpädagogisches Experiment“ bezeichnete Projekt ist der Vorläufer der späteren WSG.
Kurz zuvor hatte Hoffmann einen „Gauführer“ des „Stahlhelms“ kennengelernt. Der ehemalige Soldatenverband aus Zeiten der Weimarer Republik hatte sich nach dem Zweiten Weltkrieg wiedergegründet, bestand Anfang der 1970er-Jahre aber fast nur noch aus Karteileichen. Hoffmann geht mit dem Stahlhelm auf Tuchfühlung, um eine organisatorische Plattform zu haben, auf der er sich mit seiner Gruppe entfalten kann. Durch einen Bekannten Hoffmanns wird das Fernsehen auf die Gruppe aufmerksam und lässt anfragen, ob man über ihn und seine Gruppe etwas drehen könnte. Hoffmann wittert eine gute Gelegenheit für Propaganda und sagt zu. Am Abend vor dem Drehtermin kommt der Stahlhelm-Führer zu Hoffmann und will ihm den Fernseh-Auftritt verbieten. Hoffmann und seine Leute bestehen auf den Drehtermin, die Diskussion endet damit, dass sich die Gruppe ihre Stahlhelm-Abzeichen von der Uniform reißt. Der Drehtermin am nächsten Tag findet wie geplant statt, nur dass die Gruppe nicht mehr zum Stahlhelm gehört. Es ist die – zufällige – Geburtsstunde der „Wehrsportgruppe Hoffmann“ – und durch den Fernseh-Beitrag wird sie direkt deutschlandweit bekannt.
Die Wehrsportgruppe – ein straff geführter Freiwilligenverband
Der Fernseh-Auftritt im Februar 1974 ist die „Initialzündung“, von nun an gibt es für die WSG jede Menge Presse, nach und nach setzen auch die medialen Angriffe und Verteufelungen ein. Aufgrund der Medienhetze geht einiges Personal der ursprünglichen WSG verloren, doch dafür rückt anderes Personal nach. Viele Nationalisten fühlen sich von den Uniformen und der paramilitärischen Organisation angesprochen, doch offiziell bleibt die WSG unpolitisch. In der Wehrsportgruppe gibt es keine politischen Schulungen und keine politischen Richtlinien, nach denen jemand in die WSG aufgenommen wird oder nicht. Auch zwei bekennende Kommunisten finden Aufnahme in die Wehrsportgruppe. Doch die Medienmaschinerie ist schon in vollem Gange: Hoffmann wird nun selbst als Rechtsextremist, gar als Nazi betitelt. Das Klischee, so falsch es auch ist, trägt er bis zum heutigen Tage.
Die WSG war also keine politische Organisation, aber was war sie dann? In der WSG-eigenen Zeitschrift „Kommando“ definierte sich die Wehrsportgruppe selbst als ein „nach militärischen Gesichtspunkten organisierter, straff geführter Freiwilligenverband“. Die Motive, warum jemand zur WSG kam, waren durchaus unterschiedlich: Viele junge Männer sehnten sich nach Gemeinschaft und Kameradschaft, manchen ging es auch um die Befriedigung nostalgischer Bedürfnisse, ein Panzersoldat der Wehrmacht war ebenso WSG-Mitglied wie ein Fremdenlegionär. Ein späteres Mitglied der WSG-Ausland ist heute Hauptfeldwebel in Afghanistan. Ein wichtiger Faktor in der WSG war auch die Überwindung der Klassenschranken: Vom Arbeiterjungen bis zum Akademiker waren alle gesellschaftlichen Schichten vertreten.
Zunächst wird das Schloss Almoshof in Nürnberg das Hauptquartier der WSG, ab 1978 ist es Schloss Ermreuth in der Nähe von Erlangen, wo Hoffmann und seine Frau noch heute wohnen. In der Anfangszeit hat die WSG nicht einmal einheitliche Uniformen, aber die Organisation wird zusehends professioneller: Zum Schluss verfügt die Wehrsportgruppe über verschiedene Uniformen für interne Veranstaltungen, Gelände- und Winterübungen, auch der Fuhrpark wird immer reichhaltiger. Die Geländeübungen der WSG gehen meist über’s Wochenende und finden im fränkischen Wald statt. Militärisches, sportliches und taktisches Training stehen auf dem Programm, nachts wird biwakiert mit abwechselndem Wachdienst. Die WSG führt Orientierungsmärsche und Überlebenstraining durch und übt das gefechtsmäßige Bewegen im Gelände. Das Mitführen von scharfen Waffen wird von Hoffmann untersagt. Das Training ist kein Zuckerschlecken: Im Winter wird beispielsweise auf Unimogs ohne Plane ausgerückt, auch bei klirrender Kälte und Schneetreiben. Straßenkampf wird allerdings nicht trainiert, das Gebiet der WSG ist der Wald und nicht die Stadt.
Wie es sich für einen paramilitärischen Verband gehört, werden auch Dienstgrade und Abzeichen vergeben. Hoffmann legt großen Wert darauf, dass die Abzeichen mit tatsächlichen Leistungen verknüpft sind. Dienstgrade können die WSG-Männer durch konkrete Nachweise ihrer Befähigungen erreichen; wer bereits in der Bundeswehr oder in der NVA gedient hat, erhält auch in der WSG einen entsprechenden Dienstgrad.
Saalschutz für DVU-Veranstaltungen
1976 wird Hoffmann in einem geradezu aberwitzigen Prozess zu 8.000 DM Geldstrafe wegen Verstoßes gegen das Uniformverbot verurteilt. Zuvor hatte er mit einem halben Dutzend junger Leute an einem Kappenabend zur Karnevalszeit teilgenommen. Die WSG’ler trugen einheitliche schwarze Hemden mit Perlmutt-Knöpfen, darüber unterschiedliche Jacketts. Die Staatsanwaltschaft stellt sich auf den Standpunkt, selbst einheitliche Krawatten würden genügen, um den Tatbestand der Uniformierung zu erfüllen, der Richter spielt das Spiel mit und spricht Hoffmann schuldig.
Dr. Gerhard Frey, Gründer und Bundesvorsitzender der damals noch als Verein agierenden Deutschen Volksunion (DVU), erhält von dem Urteil Kenntnis und übernimmt aus Solidarität die komplette Geldstrafe. Als Dr. Frey kurze Zeit später die WSG um Saalschutz für eine Vortrags-Veranstaltung mit Oberst Rudel in München bittet, sieht Hoffmann die Gelegenheit gekommen, sich zu revanchieren. Insgesamt macht die WSG zweimal Saalschutz für DVU-Veranstaltungen, neben der Veranstaltung in München noch einige Zeit später auf einer ähnlichen Veranstaltung in Köln-Porz.
Straßenschlacht mit Kommunisten in Tübingen
Am 4. Dezember 1976 soll Hoffmann auf Einladung des rechtsdemokratischen Hochschulrings Tübinger Studenten in der Eberhard Karls Universität über seine Erfahrungen während einer Reise nach Rhodesien (heutiges Simbabwe) sprechen. Vor dem Eingang rottet sich eine Übermacht von 150 kommunistischen Studenten zusammen und blockiert den Zugang zur Veranstaltung. Hoffmann, nur in Begleitung von einer Handvoll WSG’lern, geht ruhig auf die Menge zu, die ihn sofort umstellt und mit Latten und Schirmen auf ihn einschlägt. Der WSG-Chef verschafft sich mit seinem Nunchaku erstmal etwas Bewegungsfreiheit, bis ihm seine Männer mit Schlagstöcken zur Hilfe kommen. Die Prügelei geht für den kommunistischen Gegner übel aus. Im Laufschritt nähert sich schließlich eine Hundertschaft Polizei, die sich in einer Nebenstraße versteckt hielt, beide Lager werden getrennt.
Es kommt zum Prozess, die angreifenden Kommunisten und die sich verteidigenden WSG’ler sitzen zusammen auf der Anklagebank. Hoffmann wird wegen Landfriedensbruchs zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt, das er später voll absitzen wird. Zwar wird Hoffmann nicht vorgeworfen, die Auseinandersetzung begonnen zu haben, aber er soll sie „billigend in Kauf genommen“ haben, wie es im Urteil heißt. Doch auch die angeklagten Rädelsführer der Kommunisten werden wegen Landfriedensbruchs verurteilt.
Pläne zur Befreiung von Rudolf Heß
Eines Tages sucht Wolf Rüdiger Heß, einziger Sohn des im alliierten Militärgefängnis in Berlin-Spandau einsitzenden Rudolf Heß, Schloss Ermreuth auf und beauftragt Hoffmann damit, zu eruieren, ob eine Befreiung von Rudolf Heß möglich sei. Hoffmann, der die lebenslange Freiheitsstrafe für den Reichsminister noch heute als „unerhörtes Unrecht“ und „Schande“ bezeichnet, sagt zu, die Situation in West-Berlin zu untersuchen.
Der WSG-Chef fährt mit einigen zuverlässigen Leuten, die nicht der WSG angehören, nach Spandau und inspiziert die unterirdischen Kanäle, um festzustellen, ob eine Befreiung durch die Kanalisation möglich wäre. Um möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen, geben sich Hoffmann und seine Leute dabei als städtische Mitarbeiter aus. Es kommt mitunter zu kuriosen Situationen, beispielsweise als einer der Beteiligten von unten einen Kanaldeckel öffnet, sich plötzlich auf einem Reichsbahngelände der DDR befindet und entdeckt wird. Er gibt vor, in der Kanalisation etwas untersuchen zu müssen, seine „Entdecker“ haben keinen Argwohn und lassen den Mann im Tauchanzug wieder in den Kanal abtauchen.
Schließlich fertigt Hoffmann für Wolf Rüdiger Heß ein Exposé über seine Erkenntnisse an. Der von Wolf Rüdiger Heß entwickelte Plan besteht nun darin, beim Wachwechsel eine anrückende britische Einheit zu kassieren, die britischen Uniformen anzuziehen, nach dem Abzug der russischen Wachmannschaft das Gefängnis zu besetzen und Rudolf Heß zu befreien. Hoffmann weigert sich allerdings, eigene Leute für die Operation zur Verfügung zu stellen: Er will es nicht verantworten, dass für die eventuelle Befreiung des Reichsministers wiederum ein Dutzend junger Männer zu lebenslänglichen Freiheitsstrafen verurteilt oder gar bei dem Manöver erschossen wird. Wolf Rüdiger Heß habe dann mit anderen Leuten Verbindung aufgenommen, die den Plan vollenden sollten, aber schlussendlich ist es nie zu einem ernsthaften Versuch gekommen.
Die angefertigten Pläne werden Jahre später bei Hoffmann gefunden, obwohl sie gut versteckt in einem Hohlblockstein eingemauert waren. Gegenüber den Ermittlungsbehörden gibt Hoffmann an, das Exposé im Auftrag einer Filmgesellschaft angefertigt zu haben, da über den Fall Heß ein Spielfilm gedreht werden solle. So war es vorher mit Wolf Rüdiger Heß vereinbart worden.
Das Verbot der Wehrsportgruppe
Am 30. Januar 1980 wird die Wehrsportgruppe durch Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) nach dem Vereinsgesetz verboten. Karl-Heinz Hoffmann geht bis heute davon aus, dass er während des Verbotsvollzuges erschossen werden sollte.
Das Wachlokal im Schloss Ermreuth ist auch am 30. Januar 1980 wie immer besetzt, das WSG-Hauptquartier wird Tag und Nacht bewacht. In den frühen Morgenstunden rückt eine Anti-Terror-Einheit der GSG9 an. Die Wachleute der WSG, die den Befehl haben, nicht gegen uniformierte Polizei vorzugehen, öffnen die Tür. Die Polizisten drücken die Wachleute auf die Seite, ein Teil stürmt die Treppe hoch, Richtung Hoffmanns Schlafzimmer. Seine Lebensgefährtin Franziska wird zuerst wach und weckt den WSG-Chef. Die Tür zum Vorzimmer der Schlafräume wird eingeschlagen, jetzt stehen die Eindringlinge direkt vor der Schlafzimmertür. Hoffmann geht zu diesem Zeitpunkt fest davon aus, dass Einbrecher oder andere Kriminelle in das Haus eingedrungen sind, jedenfalls rechnet er nicht mit einem Polizeieinsatz.
Geistesgegenwärtig schnappt sich Hoffmann seinen Revolver und nimmt am Fußende des Bettes Stellung, nur mit der Nase über der Bettkannte. Kurz überlegt er, durch die geschlossene Tür zu schießen, doch dann nimmt er davon wieder Abstand. Sollten es Kriminelle sein, so seine Überlegungen, schieben sie vielleicht einen Wachmann als menschliches Schutzschild vor sich her. Die Eindringlinge hämmern mit Brecheisen die Schlafzimmertür ein, Hoffmann erkennt die Polizisten an den gestreiften Panzerwesten und den Schirmmützen mit dem Polizeistern.
Die Maschinenpistolen richten sich direkt auf Hoffmanns Kopfkissen, seine Lebensgefährtin hat sich mittlerweile unter die Bettdecke verkrochen. Was wäre passiert, wäre Hoffmann nicht hinter dem Bett in Stellung gegangen, sondern hätte mit gezogener Waffe im Bett gelegen? Gut möglich, dass wir uns dann heute nicht mehr mit ihm unterhalten könnten. Hoffmann legt seine Waffe auf das Bett, ihm werden Handschellen angelegt, doch nach lautstarkem Protestieren werden sie wieder gelöst. In der Küche eröffnet ihm der Polizeidirektor das Verbot seiner Wehrsportgruppe. Hoffmanns lakonische Bemerkung: „Die hättet Ihr auch mit dem Gerichtsvollzieher bringen können.“
In der Verbotsverfügung heißt es, die WSG richte sich gegen die „verfassungsmäßige Ordnung“ und sei deshalb zu verbieten. Doch Hoffmann sieht den Hauptgrund für das Verbot in einem anderen Passus aus der Verfügung des Innenministers. Dort steht geschrieben, die WSG sei eine „nicht länger zu duldende Belastung des Ansehens der Bunderepublik Deutschland“, außerdem entfalte sie auf viele Menschen eine „Sogwirkung“. Hoffmann geht gegen das Verbot juristisch vor, scheitert allerdings vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Verrat und Treue im Libanon
Wenige Monate nach dem Verbot der Wehrsportgruppe bekommt Hoffmann über einen Kontaktmann ein interessantes Angebot: Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) würde Hoffmann und seinen Leuten ein Teil ihres Lagers „Bir Hassan“ im Süden der libanesischen Hauptstadt Beirut zur Verfügung stellen. Hoffmann weiß zu diesem Zeitpunkt nicht, dass es sich bei dem besagten Kontaktmann namens Udo Albrecht um eine äußerst zwielichtige Person handelt, der im Auftrag des Bundesnachrichtendienstes (BND) handelt, dem Auslandsgeheimdienst der BRD.
Das Angebot klingt interessant, Hoffmann willigt ein, sich die Situation in Bir Hassan einmal anzusehen. Er kommt nicht mit einem bestimmten Vorsatz oder einem konkreten Ziel. Mit dem palästinensischen Freiheitskampf kann er sich identifizieren, mit den PLO-Kämpfern versteht er sich auf Anhieb. Schnell wird man sich einig: Hoffmann bekommt für sich und seine Leute ein Teil des Lagers zur Verfügung gestellt, im Gegenzug leistet Hoffmann den Palästinensern logistische Hilfe, zum Beispiel, indem er Militärfahrzeuge aus Bundeswehrbeständen in den Libanon verbringt.
Heute kann Hoffmann Beweise dafür vorlegen, dass er dem Bundesnachrichtendienst und ausländischen, BND-nahen Geheimdienstkreisen auf den Leim gegangen war. Udo Albrecht war während einer Haftstrafe vom BND-Agenten Werner Mauss für den Geheimdienst angeworben und später damit beauftragt worden, Hoffmann in den Libanon zu locken, damit Hoffmann wiederum beim Sicherheitsdienst der palästinensischen Fatah andockt. Dieser, von Abu Ijad geleitete Sicherheitsdienst war 1972 verantwortlich für Planung und Durchführung des Münchner Olympia-Attentates, einige der Verantwortlichen waren zu jener Zeit schon vom israelischen Geheimdienst Mossad ermordet worden. Weitere standen auf der Todesliste des Mossad. Durch die Einschleusung eines vom Verfassungsschutz geführten V-Mannes in die Hoffmann-Libanon-Gruppe dürfte man sich unter anderem auch Erkenntnisse über die noch nicht liquidierten Olympia-Attentäter versprochen haben.
Was die Geheimdienste auch immer damit bezweckt haben, Hoffmann in den Libanon zu lotsen: der Plan schlug fehl. Schnell überwirft sich Hoffmann mit dem arrogant wirkenden Albrecht, beide werden von den Palästinensern getrennt und Hoffmann kann sich mit seiner deutschen Auslandsgruppe, die erst sechs Jahre später im Laufe eines Gerichtsverfahrens in Nürnberg als „WSG-Ausland“ bezeichnet werden sollte, ab Sommer 1980 weiter im Libanon entfalten. Doch die konkrete Situation der WSG-Ausland ist eine gänzlich andere wie die der WSG-Inland: In der BRD war man im Frieden, im Libanon herrscht Krieg; die WSG-Inland war unbewaffnet, die WSG-Ausland trägt scharfe Kriegswaffen. Die teilweise chaotischen, von Intrigen, Gewalt und Desertion geprägten Umstände im Libanon beschreibt Hoffmann später detailliert in seinem autobiographischen Roman „Verrat und Treue“.
Im Jahr 1981 leitet der Generalbundesanwalt Kurt Rebmann gegen die WSG-Ausland ein Ermittlungsverfahren wegen „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ ein. Der Bundesgerichtshof weigert sich allerdings, überhaupt irgendwelche Ermittlungen gegen die WSG-Ausland aufzunehmen. Grundsätzlich können nämlich nur Vereinigungen strafrechtlich verfolgt werden, die auch im Geltungsbereich der BRD tätig sind. Ohnehin wurde bei der WSG-Ausland genau darauf geachtet, keine bundesrepublikanischen Gesetzesbestimmungen zu verletzen.
Die Oktoberfestlegende
In die Zeit der WSG-Ausland fällt ein Tag, der Hoffmanns Leben nachhaltig verändern sollte, der 26. September 1980. An diesem Freitagabend explodiert gegen 22.20 Uhr am Haupteingang zum Münchner Oktoberfest auf der Theresienwiese eine Rohrbombe. 13 Menschen sterben, über 200 Personen werden teils schwer verletzt. Unter den Toten befindet sich auch der damals 21-jährige Geologiestudent Gundolf Köhler, der von den regimenahen Medien bis heute als Täter präsentiert wird.
Köhler soll sich als Gymnasiast zeitweise für den Kommunismus/Maoismus, zeitweise für den Nationalsozialismus interessiert haben. Ob das stimmt, weiß niemand. Beweise dafür gibt es nicht. Erwiesen und in den Ermittlungsakten mehrfach dokumentiert ist hingegen, dass der naturbewegte Mensch den kurz zuvor gegründeten Grünen nahegestanden hatte. In den Jahren 1975/76 nimmt Köhler als 16-Jähriger zweimal an Geländeübungen der Wehrsportgruppe teil, WSG-Mitglied wird er allerdings nie. Nach seinem zweiten Besuch bei der WSG schreibt Köhler Hoffmann einen Brief und erbietet sich, in seiner Heimatregion Donaueschingen eine eigene WSG-Abteilung zu bilden. Hoffmann lehnt ab – vor allem unter Verweis auf Köhlers jugendliches Alter.
Nach dem Oktoberfestattentat bildet das bayerische LKA eine „Sonderkommission Theresienwiese“. Hoffmann wird festgenommen, allerdings kurz darauf wieder entlassen. Gegen Hoffmann und fünf weitere Personen aus dem WSG-Umfeld werden Ermittlungen wegen Mordes und wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung aufgenommen. Über zwei Jahre sollten ins Land gehen, bis der Generalbundesanwalt in seinem Einstellungsbeschluss feststellen wird, dass das Verfahren „mangels begründeten Tatverdachts (…) und im Übrigen mangels Täterermittlungen“ einzustellen ist.
Warum wurde überhaupt wegen eines solch äußerst vagen Tatverdachts vom Generalbundesanwalt ein solches Fass aufgemacht? Warum wurden über zwei Jahre lang Ermittlungen wegen Mordes und Bildung einer terroristischen Vereinigung gegen Hoffmann geführt, nur weil Köhler viele Jahre zuvor einen flüchtigen Kontakt zum damaligen WSG-Chef hatte? – Für Hoffmann ist die Sache klar: Das Verfahren sollte eine „Blitzableiterfunktion“ für die tatsächliche Tätergruppe haben. Solange Hoffmann und seine Leute im Verdacht stehen, in irgendeiner Art und Weise in das Oktoberfestattentat verstrickt zu sein, lenkt dies von der eigentlichen Tätergruppe ab.
In dem Einstellungsbeschluss des Generalbundesanwalts heißt es klipp und klar, dass eine Täterermittlung nicht erfolgt ist. Die Ermittlungsbehörden mutmaßen, der an Sprengstoff interessierte Köhler habe das Attentat wegen privaten Beziehungsproblemen und Misserfolgen in der Ausbildung durchgeführt. Vor allem von linkslastigen Medien wird bis heute das Märchen kolportiert, Köhler sei Teil eines rechtsradikalen Verschwörerkreises gewesen, der das Attentat der Roten Armee Fraktion (RAF) in die Schuhe schieben wollte, um dadurch den Kanzlerkandidaten Franz Josef Strauß (CSU) an die Macht zu bomben. Hoffmann selbst vermutet eine ganz andere Tätergruppe und Tatmotivation hinter dem Attentat: Demnach seien ausländische Geheimdienste mit Zugriff auf Informationen des Bundesnachrichtendienstes für das Oktoberfestmassaker verantwortlich, mit dem Motiv, die politische Rechte zu schädigen und im Ansehen der Bevölkerung herabzusetzen. Betrachtet man die journalistische Hetzkampagne im Nachgang des Oktoberfestattentates, die bemerkenswerte Parallelen zur NSU-Affäre aufweist, erscheint diese Theorie zumindest nicht fernliegend. Mit den Indizien zur Urheberschaft des Attentats auf der Münchner Theresienwiese beschäftigt sich Hoffmann ausführlich in seinem Buch „Die Oktoberfestlegende“.
Der Doppelmord von Erlangen
Kurz zurück in die Gegenwart: Mittlerweile ist es später Nachmittag geworden, wir machen eine Interview-Pause. Während Hoffmanns Frau das Abendbrot vorbereitet, sprechen wir über die aktuelle politische Lage. Aus den Worten Hoffmanns klingt Verbitterung, zu viel hat er schon erlebt, zu genau beobachtet er das politische Geschehen, als dass er eine Hoffnung für Deutschlands Zukunft sehen würde. Zurzeit geistert die Zahl von 200.000 Asylanten durch die Medien, die demnächst ihre Familien nach Deutschland holen können, manche sprechen gar von bis zu 400.000 Berechtigten. Vor allem die Einwanderung aus Schwarzafrika bereitet Hoffmann Sorgen; während man mit den Einwanderern aus islamischen Ländern klarkommen könne, sei dies bei Zuwanderung aus Schwarzafrika nicht der Fall.
Nach der Brotzeit machen wir uns wieder an die Arbeit, schließlich haben wir noch einige Fragen im Gepäck. Wir tauchen wieder in das Jahr 1980 ein, diesmal geht es um den Doppelmord von Erlangen. Nach den Ermittlungsergebnissen soll sich am 19. Dezember 1980 folgendes abgespielt haben: Uwe Behrendt, 29 Jahre alt, bis zum 30. Januar 1980 Mitglied der WSG und Bewohner einer Wohnung in Hoffmanns Haus, klingelt in Erlangen an der Tür von Shlomo Levin, ein jüdischer Verleger und ehemaliger Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg. Levin öffnet, Behrendt schießt ihm mit seiner Maschinenpistole vom Typ Beretta insgesamt dreimal in die Brust, in den Arm und in den Kopf. Levin bricht tödlich getroffen zusammen, Behrendt feuert einen vierten Schuss direkt in Levins Hirn. Auch Levins Lebensgefährtin Frieda Poeschke wird mit vier Schüssen getötet. Behrendt hinterlässt am Tatort die Brille von Hoffmanns Lebensgefährtin. – War es Unachtsamkeit, oder wollte Behrendt damit absichtlich eine falsche Spur legen? Bis heute ist dieser Umstand nicht geklärt. Behrendt geht zurück nach Schloss Ermreuth und gesteht Hoffmann den Doppelmord. Der Täter setzt sich in den Libanon ab und begeht, darauf deuten zumindest alle verfügbaren Indizien hin, im Lager der WSG-Ausland am 16. September 1981 Selbstmord.
Was hat den 29-jährigen Behrendt zu einer solchen Verzweiflungstat geritten? – Hoffmann vermutet ein Rache-Motiv gegenüber dem mutmaßlichen Mossad-Agenten Levin. Bei den ehemaligen WSG-Mitgliedern wurde bereits kurz nach dem Oktoberfestattentat der israelische Auslandsgeheimdienst als Drahtzieher des Massenmordes ins Spiel gebracht, vor allem da die WSG-Ausland den palästinensischen Freiheitskampf unter anderem mit Transportlieferungen unterstützte. Behrendt, so Hoffmanns Vermutung, habe aus eigenem Entschluss Rache dafür nehmen wollen, dass der Mossad den ehemaligen WSG-Mitgliedern das Oktoberfestattentat in die Schuhe schieben wollte. Jedenfalls sei Behrendt weder Rassist noch Judenhasser gewesen, sondern habe Levin allein wegen dessen offensichtlicher Agententätigkeit für den israelischen Geheimdienst als Opfer ausgesucht.
Erst fünf Wochen nach der Tat wird Hoffmann erstmals von der Kripo zu dem Mordfall befragt. Am 16. Juni 1981, Hoffmann ist gerade aus dem Libanon zurückgekehrt, wird er auf dem Frankfurter Flughafen festgenommen und in Untersuchungshaft gesteckt. Die Ermittlungen zum Erlanger Doppelmord ziehen sich lange hin, im September 1983 lehnt das Landgericht Nürnberg-Fürth die Eröffnung des Hauptverfahrens mangels Beweisen ab. Die Staatsanwaltschaft legt gegen den Beschluss Beschwerde ein, das Oberlandesgericht Nürnberg ordnet schließlich die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einer anderen Strafkammer an. Im September 1984 wird Anklage gegen Hoffmann erhoben, demnach soll er den Doppelmord in Auftrag gegeben und mit Behrendt zusammen die Ausführung vorbereitet haben. Auch Hoffmanns Lebensgefährtin sitzt mit auf der Anklagebank, ihr wird Beihilfe zum Mord vorgeworfen. Während des Prozesses stellt sich die Unhaltbarkeit der Vorwürfe heraus, Hoffmann und seine Lebensgefährtin werden freigesprochen.
Verurteilungen und Haftzeit
Zuerst fallen die Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Oktoberfestattentat in sich zusammen, dann auch bezüglich des Doppelmordes in Erlangen. Die Anklagebehörden brauchen also andere Tatvorwürfe, um Hoffmann endlich hinter Schloss und Riegel bringen zu können – und finden sie in Verbindung mit den Geschehnissen im Libanon. Mal wurde Hoffmann im Prozess vorgeworfen, im Bir Hassan-Lager nichts dagegen unternommen zu haben, dass Arrestanten durch andere WSG’ler erniedrigt behandelt wurden; ein andermal soll er sich einer „Freiheitsberaubung in einem besonders schweren Fall“ strafbar gemacht haben, weil zwei WSG-Deserteure in palästinensischer Haft saßen und Hoffmann gegenüber der Fatah seinen Einfluss hätte geltend machen sollen, um ihre Freilassung zu erwirken. Für die Herstellung gefälschter Dollar-Noten, die Hoffmann nie in Umlauf gebracht und stattdessen selbst freiwillig in seinem Küchenofen verbrannt hat, bekam er allein fünf Jahre aufgebrummt. Der mehrjährige Prozess im Schwurgerichtssaal 600 des Nürnberger Justizpalastes – hier fanden auch die Nürnberger Prozesse statt – endet 1984 mit einem Schuldspruch wegen Geldfälschung, Freiheitsberaubung, Strafvereitelung und Verstoßes gegen das Waffengesetz. Die Gesamtstrafe beträgt über zehn Jahre Haft.
Dennoch bezeichnet Hoffmann die Richter des Landgerichts Nürnberg-Fürth in der Rückschau als „nicht unfair“. So habe sich das Gericht durchaus bemüht, die verschiedenen Sachverhalte aufzuklären und konnte auch lügende Belastungszeugen zu entlarven. Hoffmann vermutet, das Gericht habe in geheimer Absprache mit der Staatsanwaltschaft dafür gesorgt, dass die Anklagebehörde nicht in Revision geht und Hoffmann dafür im Gegenzug ein Strafmaß von etwa zehn Jahren bekommt. Dadurch habe das Gericht, so Hoffmanns Vermutung, ihm ein Revisionsverfahren erspart, das nochmal zwei Jahre gedauert hätte und an dessen Ende eventuell ein noch höheres Strafmaß zustande gekommen wäre.
Während seiner Haftzeit von 1981 bis 1989, zuerst in der JVA Straubing und später in der JVA Bayreuth, unternimmt Hoffmann mehrere Hungerstreiks. Mit einem 53-tätigen Hungerstreik setzt er in Straubing durch, im Knast arbeiten zu dürfen. Der Leitende Medizinaldirektor unterstützt Hoffmanns Anliegen und lehnt eine Zwangsernährung ab. Schließlich bekommt Hoffmann die Genehmigung, in der Anstaltstischlerei arbeiten zu dürfen. Ein weiterer, diesmal 56 Tage in der JVA Bayreuth andauernder Hungerstreik bringt Hoffmann bis an den Rand des Todes. Diesmal will er die Genehmigung für eine Ausführung zur Entlassungsvorbereitung durchsetzen. Am Ende kann Hoffmann weder laufen noch sprechen, er bekommt eine Tetanie (motorische Störungen) und Fieber. Die Anstalt will ihn zum Sterben ins Krankenhaus schicken, doch die Anstaltsärztin verweigert die Verlegung. Erst als er sein Streikziel erreicht hat, beendet Hoffmann den Hungerstreik.
Schwieriger Neuanfang
1989 wird Hoffmann nach Verbüßung von zwei Drittel seiner Haftzeit auf Bewährung entlassen. Sein Anwesen, das Schloss Ermreuth, gleicht zu dieser Zeit einer Ruine. Die Ermittlungsbehörden hatten während der Durchsuchungsmaßnahmen sämtliche Böden rausgerissen, man kann zu dieser Zeit vom Erdgeschoss direkt bis hinauf auf’s Dach schauen. Seine Frau als Eigentümerin des Schlosses klagt vergeblich auf Schadensersatz. Hoffmanns Hab und Gut ist größtenteils gestohlen oder zerstört. Es dauert Jahre, bis das Ehepaar Hoffmann alles wieder aufgebaut hat.
Aus dem politischen Leben zieht sich Karl-Heinz Hoffmann nach seiner Haftentlassung komplett zurück und arbeitet weiter an dem Aufbau seiner wirtschaftlichen Existenz. Zusammen mit seiner Frau gründet er mehrere Bau- und Sanierungsfirmen und betreibt einen Kunsthandel. Nach der Wende erhält Hoffmann einen Teil seines Familienbesitzes in Thüringen zurück, er übersiedelt dorthin und saniert beziehungsweise errichtet zahlreiche Büros und Wohnungen. Das Ehepaar Hoffmann gehört zeitweise zu den größten Investoren im thüringischen Kahla. Um die Jahrtausendwende kehrt Hoffmann nach Schloss Ermreuth zurück und erwirbt 2004 das Rittergut Sahlis bei Leipzig, wo er Bio-Wollschweine züchtet. Wegen eines Streits mit der Abwasserbehörde wird das Rittergut im Jahr 2016 zwangsversteigert.
Rückkehr ins politische Leben
Der Wiedereinstieg ins politische Leben erfolgt nach Hoffmanns Aussagen zunächst widerwillig. Mit dem Zeitalter des Internets als Massenphänomen holt ihn seine Vergangenheit ein: Hoffmann wird von nationalen Kreisen mehrfach eingeladen, etwas über die Wehrsportgruppe zu erzählen, schließlich willigt er ein. Im Herbst 2010 spricht er in Westsachsen vor 80 jungen Leuten über seine WSG-Zeit. Auf der Rückfahrt telefonieren zwei Teilnehmer der Veranstaltung mit einer dritten Person. Sinngemäß heißt es am Telefon: „Habt Ihr den C4 von Hoffmann bekommen?“ – „Ja.“ – „Die Anleitung dazu auch?“ – „Ja.“ Bei C4 handelt es sich um einen Plastiksprengstoff. Die Polizei hatte die Telefonleitung angezapft, es kommt noch vor der Haustür der Beteiligten zu Durchsuchungsmaßnamen. Gefunden wird nichts, niemand wird verhaftet.
Etwa sechs Wochen nach dem Vortrag kommt es auch bei Karl-Heinz Hoffmann zu einer Hausdurchsuchung. Genau wie 30 Jahre zuvor wird er wieder von der Polizei aus dem Bett geholt, wieder schwärmen Polizisten im ganzen Anwesen aus. Der Einsatzleiter eröffnet Hoffmann, dass in seinem Haus nach Sprengstoff gesucht werde. Hoffmann erwidert: „Haben Sie was eingenommen?“ Erst aus dem schriftlichen Durchsuchungsbeschluss erfährt Hoffmann von dem folgenschweren Telefongespräch.
War es leichtsinniges Herumgealbere der Veranstaltungsteilnehmer? Hoffmann vermutet eine Finte des Verfassungsschutzes dahinter, um ihn mit den Durchsuchungsmaßnahmen und der nachfolgenden Presseberichterstattung erneut im öffentlichen Ansehen herabzuwürdigen. Jedenfalls wird wieder zwei Jahre lang ergebnislos gegen Hoffmann ermittelt, Geschäftspartner wenden sich von ihm ab. Doch jetzt will Hoffmann nicht mehr schweigen, diesmal will er für die Wahrheit kämpfen. Es geht ihm dabei nicht bloß um seine eigene Rehabilitierung, er ist es auch seinen ehemaligen WSG-Kameraden schuldig. Obwohl bereits im fortgeschrittenen Alter, legt sich das Ehepaar Hoffmann Internet zu und arbeitet sich in die Materie ein. Seitdem holt Hoffmann zum propagandistischen Gegenschlag aus: Mittlerweile hat er über 600 Aufsätze für seine eigene Internetseite verfasst, auf YouTube findet man über 150 Videos von und mit Karl-Heinz Hoffmann: Vorträge, Interviews, politische Statements, Satiren, Sprachlehrgänge in Hebräisch sowie Deutsch für Kurden in persischer Sprache. Zu seinen Gesprächspartnern gehören Journalisten des deutschen und russischen Fernsehens genauso wie politische Aktivisten der unterschiedlichsten Richtungen. Bis heute verfasst Hoffmann regelmäßig politische Aufsätze und Kommentare, nimmt YouTube-Videos auf und schreibt Bücher, kürzlich erschien sein aktuelles Buch über politische Analysen und Visionen.
Es ist Abend geworden auf Schloss Ermreuth. Das freundliche Angebot der Hoffmanns, bei ihnen zu übernachten, müssen wir ausschlagen. Am nächsten Tag stehen schon wieder die nächsten Termine an. Auch Karl-Heinz Hoffmann wird unermüdlich weiterarbeiten. Dafür, dass er und seine Wehrsportgruppe nicht als Terror-Drahtzieher in die Geschichtsbücher eingehen. Sondern dass die Geschichte so aufgeschrieben wird, wie sie wirklich war.
Erstveröffentlichung in N.S. Heute #6
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sehr fundierte und faktenreiche Recherche und präzise, anschauliche sowie weltanschaulich mit mir übereinstimmende Analyse und Darstellung – brandaktuell und provokant ! Macht weiter so. Suche außerdem persönlichen Kontakt und Austausch mit einem ehemals aktiven WSG-MitKÄMPFER und Kameraden…
sehr fundierte und faktenreiche Recherche und präzise, anschauliche sowie weltanschaulich mit mir übereinstimmende Analyse und Darstellung – brandaktuell und provokant !Macht weiter so. Suche ausserdem persönlichen Kontakt und Austausch mit einem ehemals aktiven WSG-MitKÄMPFER und Kameraden… PS: Wer kann mir die KOMPLETTEN WSG-„Kommando“-Hefte anbieten ? Danke & Gruss aus dem „rauchen“ Norden.