Vor 90 Jahren: Das Ende eines Tyrannen – Attentat auf König Alexander I. von Jugoslawien

Wir schreiben das Jahr 1934: Der Erste Weltkrieg liegt 16 Jahre zurück, dem kroatischen Volk wurde ein Unrechtssystem aufgezwungen. Es sind serbisch-jugoslawische Tyrannen, die über das kroatische Volk herrschen. Die Herrscher regieren mit brutalen Methoden, politische Gegner und deren Familien werden grausam verfolgt, eingesperrt und ermordet. Die Unterdrücker und Tyrannen dürfen sich also nicht darüber wundern, dass sich im kroatischen Volk Widerstand regt…

Rückblende: Während es in den Anfangsjahren der Weimarer Republik mit dem Spartakusaufstand 1919, dem Kapp-Putsch 1920, dem Attentat auf Reichsaußenminister Walther Rathenau 1922 und ein Jahr später mit dem Hitler-Ludendorff-Putsch gewalttätige Aufstände gab, sah es im neugegründeten jugoslawischen Kunststaat derweil nicht anders aus. Als 1918 der neue „Staat der Slowenen, Kroaten und Serben“ (SHS-Staat) gegründet wurde, der sich kurz darauf mit dem „Königreich Serbien“ zum „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ (SHS-Königreich) zusammenschloss, war der Widerstand der Bevölkerung groß. Dieser neue Staat, der mehrere Völker, Ethnien und Religionen zwangsvereinigte, war ein großes Pulverfass, welches zu explodieren drohte.

Schließlich dauerte es nicht lange bis zur ersten Explosion: Bereits im Dezember 1918 demonstrierten in Agram (das heutige Zagreb) kroatische Bürger gegen den neuen Staat. Die Demonstranten wurden von der Polizei eiskalt niedergeschossen, viele starben. Die Spannungen im SHS-Staat sowie im späteren SHS-Königreich waren von Anfang an groß, da die Serben einen diktatorisch-zentralistischen Staat forderten, Kroaten und Slowenen aber forderten Autonomie und Unabhängigkeit. 1921 wurde Alexander Karadordević König des SHS-Königreiches. Alexander I. mischte sich aktiv in die Regierungspolitik ein und trat für ein serbisch dominiertes, zentralistisches und monarchistisches System ein – de facto für eine Diktatur. Im selben Jahr trat die Vidovdan-Verfassung in Kraft, die verfassungsgebende Abstimmung wurde von Kroaten und Serben jedoch boykottiert. Die weitere Entwicklung führte dazu, dass das kroatische Nationalbewusstsein aufblühte und immer stärker wurde. Aufgrund der Spannungen zwischen zentralistischen, föderativen und separatistischen Kräften sowie aufgrund des Umstandes, dass die Serben jede Gleichberechtigung der Völker im SHS-Königreich ablehnten, war keine aktive Tagespolitik möglich, weshalb man auch von einer „Totgeburt“ sprechen kann. – Dieser Staat war schon tot, bevor er überhaupt geboren wurde.

Als die Staatsgeschäfte nicht mehr ordnungsgemäß durchgeführt werden konnten, kam es zur großen Staatskrise 1928/29. Nach etwa 40 kurzlebigen Regierungen innerhalb von nur elf Monaten und ständigen inneren Unruhen kam es zu einem Ereignis, welches die Geschichte des Königreiches komplett verändern sollte: Am 20. Juni 1928 schoss der montenegrinische Parlamentsabgeordnete und Tschetnik Puniša Račić mitten in einer Sitzung des Belgrader Zentralparlamentes den kroatischen Politiker und Freiheitskämpfer Stjepan Radić und vier weitere kroatische Abgeordnete an. Zwei der Abgeordneten, Pavle Radić und Duro Basariček, waren auf der Stelle tot. Stjepan Radić erlag seinen Verletzungen sieben Wochen später, am 8. August 1928. Sein Tod löste innerhalb der kroatischen Bevölkerung große Wut und Trauer aus, war er doch der Führer der kroatischen Nationalbewegung. Seine Beerdigung war eine der größten und eindrucksvollsten Massendemonstrationen der kroatischen Bevölkerung während des SHS-Königreiches. An der Beisetzung auf dem Mirogoj-Friedhof von Zagreb nahmen über 200.000 Menschen teil, mehr als Zagreb zu diesem Zeitpunkt Einwohner hatte.

Milan von Šufflay

Ausrufung der Königsdiktatur und Attentat auf Milan von Šufflay

Diesen Moment der Unruhe nutzte König Alexander I., um das wenigstens halb-parlamentarische System und die Vidovdan-Verfassung außer Kraft zu setzen. Der Beschluss hierzu erging am 6. Januar 1929 mit Hilfe des ihm treu ergebenen Militärs. Alexander löste das Parlament auf, setzte die Verfassung außer Kraft und übernahm selbst die Staatsgeschäfte. Am 3. Oktober wurde schließlich die neue Verfassung eingeführt, das SHS-Königreich wurde in „Königreich Jugoslawien“ umbenannt. Zusätzlich verbot Alexander sämtliche politischen Parteien. Dieses Ereignis brachte den kroatischen Parlamentsabgeordneten Ante Pavelić, der sich nach dem Beginn der Königsdiktatur ins Exil hatte begeben müssen, zu dem Entschluss, die Ustascha-Bewegung zu gründen.

Am 19. Februar 1931 kam es zu einem weiteren Mord serbisch-jugoslawischer Tyrannen an dem kroatischen Historiker Milan von Šufflay. Šufflay war Professor an der Universität Zagreb und Abgeordneter der kroatischen Fraktion im Belgrader Parlament. Bereits in früheren Jahren war Šufflay aufgrund seiner kroatisch-patriotischen Einstellung vom staatlichen Apparat verfolgt und eingesperrt worden. So war er beispielsweise schon 1921 wegen angeblicher Spionage und Kontakte zu kroatischen Emigranten verhaftet und vor Gericht gestellt worden. Ein jugoslawisches Gericht hatte ihn wegen „Hochverrates gegen Jugoslawien“ zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

Kurz vor dem Attentat auf Šufflay besuchte König Alexander Zagreb, wo er vor der jugoslawisch-königstreuen Vereinigung „Mlada Jugoslavija“ (Junges Jugoslawien) eine Rede hielt. Während des Aufenthaltes von Alexander in Zagreb erhielten Šufflay und andere kroatische Persönlichkeiten Morddrohungen. Diese Briefe waren unterzeichnet mit „Für König und Vaterland“, was darauf schließen lässt, dass Aktivisten der Vereinigung „Mlada Jugoslavija“ hinter diesen Morddrohungen steckten. In den Briefen hieß es, falls die Empfänger vorhätten, gegen Alexander zu demonstrieren, würden sie und ihre Familien dies mit ihrem Leben bezahlen. Während der Rede Alexanders vor dem „Jungen Jugoslawien“ sprach er von der „Entfernung der kroatischen Abgeordneten aus dem jugoslawischen Parlament“ und erwähnte dabei auch das Attentat auf Stjepan Radić, welches man sich zum Vorbild nehmen solle. Diese Aussage Alexanders zeigt deutlich, dass die Herrscher kein Interesse an einem Ausgleich zwischen den Völkern hatten und dass der politische Gegner in ihren Augen nur eines verdient hätte: die Kugel.

Die königstreue jugoslawische Presse hetzte immer radikaler gegen kroatische Intellektuelle, Persönlichkeiten und Politiker. Eine damals vielgelesene, königstreue Zeitung schrieb: „Die Köpfe werden eingeschlagen.“ In der gleichen Nacht, als dieser Aufruf in der Presse herauskam, verübten Agenten der jugoslawischen Polizei und des Geheimdienstes das Attentat auf Šufflay, welches derart ausgeführt wurde, dass ihm auf offener Straße mit einer schweren Stange der Schädel eingeschlagen wurde. Das zeitliche Zusammenspiel von Zeitungsartikel und Attentat zeigt deutlich, wie eng Presse, Geheimdienst und König zusammenarbeiteten. Der Mörder des Geschichtsprofessors, Branko Zwerger, konnte fliehen und entging zunächst einem Gerichtsverfahren. Später sollte sich herausstellen, dass sämtliche Beteiligte an dem Attentat Agenten der Polizei waren. Als die Kroaten später eine eigene Banschaft (eine Art Bundesland) zugesprochen bekamen, konnten Zwerger und seine Kumpane endlich vor Gericht gestellt werden. Zwerger wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Als 1941 die kroatischen Nationalisten der Ustascha an die Macht kamen, wurde der Prozess noch einmal neu aufgerollt, worin Zwerger zum Tode verurteilt und anschließend hingerichtet wurde.

Ante Pavelić (l.) zusammen mit Ivan Michajlow

Das Pulverfass explodiert

Der Mord an Šufflay sowie im Jahr darauf ein weiteres Attentat auf den kroatischen Schriftsteller Mile Budak, welches mit der gleichen Methode verübt wurde (Budak überlebte allerdings), brachten das Pulverfass endgültig zum Explodieren, sodass kroatische Emigranten und Patrioten damit begannen, einen Racheplan auszuarbeiten. Um die Tyrannei zu beenden und das Unterdrückerregime der Königsdiktatur zu stürzen, plante die Ustascha-Bewegung unter Leitung von Ante Pavelić, König Alexander I. zu ermorden. Zur Vorbereitung auf das Attentat reiste Pavelić zusammen mit Gustav Perčec nach Bankya in der Nähe der bulgarischen Hauptstadt Sofia. Dort besuchte er den Anführer der militanten, ebenfalls in Gegnerschaft zu Jugoslawien stehenden IMRO („Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation“), Ivan Michajlow. Beide Seiten unterzeichneten einen Pakt und vereinbarten eine Zusammenarbeit. Während die IMRO die Errichtung eines unabhängigen Mazedoniens verfolgte, hatte die Ustascha-Bewegung ein unabhängiges Kroatien zum Ziel; beide Ziele hatten als Voraussetzung, dass zunächst das jugoslawische Königreich gestürzt werden müsse. Für dieses Ziel trainierten Mitglieder der Ustascha und der IMRO gemeinsam in ungarischen Ustascha-Lagern.

Im Jahre 1934 bot sich schließlich die Gelegenheit zum Tyrannenmord. Zuvor waren bereits einige Attentate auf König Alexander gescheitert, doch an diesem 9. Oktober 1934 sollte es schließlich klappen. Alexander befand sich gerade auf einem Staatsbesuch in Frankreich. Zwar hatten sowohl die jugoslawischen als auch die französischen Behörden Alexander vor der Reise gewarnt, da sie ein Attentat befürchteten, doch wollte Alexander den Staatsbesuch unbedingt wie geplant durchführen. An diesem 9. Oktober verließ er gegen 16 Uhr Jugoslawien per Schiff auf dem Zerstörer „Dubrovnik“. In Marseille angekommen, traf er den damaligen Außenminister Louis Barthou. Alexander, Barthou und der französische General Alphonse Georges verließen den Ort in einem offenen Wagen der Marke Rolls-Royce. Trotz der vorherigen Warnungen der Behörden waren die Sicherheitsvorkehrungen niedrig. Während Alexander und seine Begleiter im offenen Wagen durch Marseille fuhren, befanden sich am Straßenrand tausende Menschen, die dem König zujubelten, was es für den Attentäter Wlado Tschernosemski einfach machte, sich unter die Menge zu schmuggeln. Als Tschernosemski sah, dass sich der Wagen von König Alexander näherte, stürmte er mit den Worten „Vive le roi!“ („Es lebe der König!“) auf den Wagen zu und feuerte zehn Kugeln aus seiner Mauser C96-Pistole.

König Alexander unmittelbar nach dem Attentat

König Alexander starb, kurz nachdem er getroffen worden war, in der Präfektur von Marseille, auch der französische Außenminister wurde tödlich getroffen. Der Tyrannenmörder Wlado Tschernosemski starb ebenfalls noch am selben Abend: Zunächst war er unmittelbar nach dem Attentat von einem Säbelhieb eines französischen Polizisten getroffen und anschließend von mehreren Zuschauern und Polizisten mit Fußtritten traktiert worden, sodass er am Abend in einer Polizeistation starb, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.

Interessanter Fakt am Rande: Bei der gerichtlichen Obduktion des Leichnams von König Alexander wurde als Todesursache ein Pistolenschuss in den Rücken festgestellt, welcher sehr wahrscheinlich nicht durch Tschernosemski verursacht worden sein konnte. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass Alexander nicht durch die Hand von Tschernosemski starb, sondern dass er versehentlich von einem seiner eigenen Leibwächter getötet wurde.

Apostol Plemić

Erstveröffentlichung in N.S. Heute #19

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