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Der vor 80 Jahren, am 6. Februar 1945 hingerichtete Robert Brasillach wird den meisten deutschen Rechten wohl erst seit der Novelle „Die Kadetten des Alcázar“, erschienen 2017 im Jungeuropa-Verlag, bekannt sein. In seiner Heimat Frankreich hingegen ist die Person Brasillach ein fester Bestandteil der dortigen Rechten. Seine Werke strahlen sogar darüber hinaus, denn die meisterhafte, wunderschöne Sprache können auch seine Gegner nicht leugnen. Mit welcher Konsequenz, das sehen wir später.
Geboren 1909, verlor er seinen Vater bereits zu Beginn des Ersten Weltkriegs.
Wie viele Franzosen, die rechts der Konservativen standen, begannen seine politischen Aktivitäten im Umkreis der monarchistisch-reaktionären und antideutschen Action Française, genauer in der Zeitschrift „Je suis partout“ („Ich bin überall“).
Bereits in seinen frühen Zwanzigern beförderten ihn seine Literatur- und Filmrezensionen, unter anderem in der populären „Nouvelle Revue Française“, sowie seine ersten Bücher in die erste Reihe der zeitgenössischen französischen Literaten.
Ende der 30er-Jahre wandte er sich, unter dem Eindruck der erstarkenden faschistischen Bewegungen in Italien, Spanien und England sowie des nationalsozialistischen Deutschlands, vom verstaubten Kurs der Action Française und deren Chauvinismus ab. Seine ablehnende Haltung gegenüber Deutschland wich nach einem Besuch 1934 einer tiefen Faszination. Als Brasillach 1937 Chefredakteur der Zeitschrift „Je suis partout“ wurde, wurde der Ton gegenüber Deutschland und dem Nationalsozialismus endgültig wohlwollender und die Zeitung stand nun gänzlich unter der Fahne des Faschismus.
Diese Wendung ist keineswegs verwunderlich; in ganz Europa begeisterten sich damals Intellektuelle zeitweise für die diversen europäischen Faschismen oder standen ihnen zumindest wohlwollend gegenüber, darunter auch bekannte Namen wie Ezra Pound, Wyndham Lewis, J. R. R. Tolkien, William Butler Yeats und Knut Hamsun.
Für die Action Française hingegen war Brasillachs Hinwendung ein Affront: In monarchistischen Kreisen galt er fortan als Verräter, der sich dem deutschen „Erbfeind“ billig anbiedere.
Während des Spanischen Bürgerkriegs veröffentlichte Brasillach zahlreiche pro-falangistische Artikel und verfasste gemeinsam mit Henri Massis (ebenfalls Action Française) die eingangs erwähnte Novelle „Die Kadetten des Alcázar“ – ein eindringlicher Bericht über General Moscardó und seine Verteidigung Toledos gegen die kommunistischen Truppen. Im Vergleich zu Brasillachs anderen belletristischen Werken ist die Novelle jedoch beinahe stumpf zu nennen, allerdings ist sie auch offensichtlich politischer. Mit seinem Schwager, dem bekannten Maurice Bardèche, verfasste er eine ausführliche Geschichte des Spanischen Bürgerkriegs, die leider, wie der Großteil seiner Werke, nicht ins Deutsche übersetzt wurde.
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Zweiter Weltkrieg und Kollaboration
Kurz nach Beginn des Frankreichfeldzuges geriet Brasillach in deutsche Kriegsgefangenschaft. Dort wusste man jedoch, dass Brasillachs Teilnahme am Krieg keinem chauvinistischen Hintergrund geschuldet war, und so wurde er 1941 mit dem Auftrag entlassen, seine journalistische Tätigkeit bei „Je suis partout“ wiederaufzunehmen und seine
Landsleute für die Zusammenarbeit mit den Deutschen und der Vichy-Regierung General Pétains zu begeistern. Dass Brasillach dies auch ohne die deutsche Anweisung getan hätte, dürfte naheliegen.
Im Laufe des Krieges begann Brasillach, wie viele französische Faschisten, unter anderem Pierre Drieu la Rochelle und Jacques Doriot, die Vichy-Regierung unter Pétain immer heftiger zu kritisieren. Die Vichy-Regierung war reaktionär und zu wenig engagiert, dort stritten die Nationalkonservativen unter Pétain, die Monarchisten der Action Française sowie die Faschisten der Parti Populaire Français und des Rassemblement National Populaire um die politische Vorherrschaft. Ein Frankreich unter einer faschistischen Einheitspartei lag damals jedoch auch nicht im Sinne des Reiches.
War Brasillachs Grund für die Kollaboration zu Anfang primär die Ablehnung des Liberalismus und Kommunismus sowie die Hoffnung, dass nach dem Krieg ein neues Frankreich erstehen würde – die Republik bezeichnete er als „alte, syphilitische Hure“, wich die Begeisterung rasch dem Pragmatismus, als er nicht nur die französischen Freiwilligen an der Ostfront besuchte, sondern 1940 auch mit anderen namhaften französischen Autoren wie Marcel Jouhandeau und Pierre Drieu la Rochelle Deutschland bereiste und am Weimarer Dichtertreffen teilnahm.
Als die Alliierten 1944 auf Paris vorrückten, weigerte sich Brasillach, mit der Vichy-Regierung nach Sigmaringen zu fliehen, sondern versteckte sich in Paris. General Charles de Gaulle ging sofort gnadenlos gegen die Kollaborateure vor. Wer nicht der Lynchjustiz zum Opfer fiel, dem wurde der Prozess gemacht. Die Urteile lauteten für Tausende fast immer: Hinrichtung. Auch Brasillachs Mutter wurde gefangengenommen, um ihm habhaft zu werden. Brasillach stellte sich und nutzte die Haft zum Schreiben einer ausführlichen Darlegung seines Handelns.
In einer nur sechsstündigen Verhandlung – die sechs Geschworenen waren Kommunisten und Résistance-Kämpfer –, in der Brasillach unter anderem die Berichte über das kommunistische Massaker von Katyn zur Last gelegt wurden und ein Gesetz angewendet wurde, das rückwirkend galt und auch nicht seine Handlungen betraf, wurde auch er zum Tode verurteilt; ein Urteil, das von Anfang an feststand. Im Gerichtssaal kam es zum Aufruhr, doch sein Verteidiger – in manchen Berichten ist auch von Brasillach selbst die Rede – beschwichtigte die Rechten mit dem stolzen Ausruf „Es ist eine Ehre!“.
Dass die Franzosen mitunter weniger engstirnig sein können als die Deutschen, beweist die Reaktion vieler französischer Intellektueller und Schriftsteller auf das Todesurteil. Selbst politische Gegner, die der Résistance oder linken Gruppen angehörten, sogar von Brasillach bloßgestellte Personen, reagierten mit Entrüstung auf eine derart harsche Strafe für einen begnadeten Schriftsteller. Ein Gnadengesuch einiger französischer Intellektueller und Schriftsteller wurde von General de Gaulle abgewiesen. Am 6. Februar 1945 wurde Brasillach von einem Erschießungskommando exekutiert. Seine letzten Worte waren: „Vive la France quand même!“ („Dennoch, es lebe Frankreich!“).
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Was bleibt?
Seine Hinrichtung gereichte Brasillach nun endgültig zur Unsterblichkeit und beförderte ihn in die Reihe der europäischen Märtyrer. Bereits kurz nach dem Krieg wurde Brasillachs Grab im Pariser Friedhof Charonne eine Art Wallfahrtsort für französische Faschisten. Heute noch gedenken europäische Rechte – auch solche, die sich nicht in der Tradition des Faschismus sehen –, am Grabe Brasillachs seiner Ermordung. Die Historikerin Alice Kaplan ging sogar so weit, ihn den „James Dean des Faschismus“ zu nennen.
Seine schwärmerische, romantische, fast mythische Auffassung des Faschismus, die für ihn keine starre Ideologie war, floss natürlich auch in seine Werke ein, die im Gegensatz zu den deutschen plakativen Kampfzeitromanen eher metaphorisch gehalten sind: die Verzauberung des Volkes in der unmittelbaren Umgebung durch Liebe, Treue, Unschuld, Demut und Wille gegen eine kalte, dekadente Zeit. Wer seine Werke liest, der versteht, weshalb selbst politische Gegner seinen Tod verhindern wollten.
In seiner Autobiografie „Notre avant-guerre“ definiert Brasillach den französischen Faschismus wie folgt:
„Der Faschismus war für uns keine politische Doktrin, er war keine ökonomische Doktrin, er war keine Imitation ausländischer Vorbilder, und unsere Zusammentreffen mit ausländischen Faschismen bewirkten nur, dass wir die nationalen Originalitäten und nicht zuletzt unsere besser verstehen konnten. Aber der Faschismus, das ist ein Esprit. Zuerst ein antikonformistischer, antibürgerlicher Esprit und die Unehrerbietigkeit ist ein Teil davon. Das ist ein Esprit, der sich den Vorurteilen widersetzt, denen der Klasse wie allen anderen. Das ist auch der Geist der Freundschaft, von dem wir wünschen, dass er sich bis zum Geist der nationalen Freundschaft emporschwingt.“
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In deutscher Sprache liegen folgende Werke Brasillachs vor:
- Ein Leben lang (1938, 1948)
- Uns aber liebt Paris (1948, 1962)
- Gegenwärtiger Vergil (1962)
- Grüße für Marie-Ange (1954)
- Die Kadetten des Alcázar (2017)
Bis auf „Die Kadetten des Alcázar“ sind alle Bücher nur noch antiquarisch zu erwerben.
Erstveröffentlichung in N.S. Heute #28