Traditionell eröffnet wird jede Olympiade durch das Entzünden des olympischen Feuers, das zuvor aus dem fernen Athen durch eine Läuferstafette in das Austragungsland gebracht wurde. Dies gilt auch für die diesjährige Olympiade in Paris, dort ist das Feuer am 8. Mai in Marseille an Land gegangen, nachdem es auf der „Belem“, einem per Diesel-Motor angetriebenen „antiken Segelschiff“, von Griechenland nach Frankreich gebracht wurde. Der 8. Mai wurde sicher nicht zufällig gewählt, markiert er doch das Ende des Zweiten Weltkrieges und damit die Niederlage des Deutschen Reiches – er ist gesetzlicher Feiertag in unserem Nachbarland.
Um den Fackellauf politisch und erzieherisch noch stärker ausnutzen zu können, wird auch „Minima Gesté“ eingebunden werden. Hinter diesem Phantasienamen verbirgt sich der 1990 geborene Homosexuelle Arthur Raynaud, der als sogenannte „Drag Queen“ seine geschlechtsspezifischen Überzeugungen auslebt und damit seinen Lebensunterhalt bestreitet. Er/Sie/Es wird das heilige Feuer am 14. Juli, dem Jahrestag des Sturms auf die Bastille 1789, durch Paris tragen und damit wohl nicht nur bei konservativen Zeitgenossen für Entsetzen sorgen, die sich am französischen Nationalfeiertag auch einen anderen Repräsentanten hätten vorstellen können. Angefacht wird der Unmut durch eine Vielzahl von bösen Witzen und Unterstellungen, die der Gattin des Staatspräsidenten Macron eine Geschlechtsumwandlung unterstellen, was man durch Großaufnahmen ihres bekleideten Genitalbereichs zu beweisen versucht.
Allerdings wird das emsige Treiben der neuen Vielfalt dadurch konterkariert, dass der olympische Fackellauf gar nicht so traditionell ist, wie er scheint. In der Antike ist er jedenfalls nicht nachweisbar – zumindest nicht unter dem sportlichen Aspekt! Tatsächlich wird er erst seit dem Jahr 1936 praktiziert, als das Deutsche Reich für die Ausrichtung der Olympischen Spiele verantwortlich war (Sommerspiele in Berlin & Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen). Damals waren Besucher aus aller Welt restlos begeistert von dem deutschen Organisationstalent.
Der Fackellauf wurde durch Carl Diem, einem der führenden Sportfunktionäre des Deutschen Reiches, ins Leben gerufen – wahrscheinlich sogar mit ausdrücklicher Genehmigung des Reichskanzlers Adolf Hitler. Die schöne, aber konstruierte Idee Diems entwickelte sich wohl aufgrund seiner intensiven Beschäftigung mit der antiken Olympiade. Seine Eindrücke und Interpretationen hat er in dem Büchlein „Olympische Reise“, dessen Buchtitel einen Fackelläufer in antiker Kulisse zeigt, festgehalten. Außerdem war im Jahr 1934 bereits sehr erfolgreich eine Läuferstafette mit mehreren hundert Teilnehmern aus allen Teilen Deutschlands durchgeführt worden, die Teil einer Kundgebung für die Heimkehr des Saargebiets war.
Spötter in Frankreich höhnen deshalb, dass ausgerechnet am Tag der Bezwingung „Nazi-Deutschlands“ der Geist Adolf Hitlers unter dem Deckmantel einer vermeintlichen antiken Tradition per olympischer Flamme wieder einmarschiert sei… Honi soit qui mal y pense – ein Schelm, wer Böses dabei denkt!
Pierre Rieffel
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