„Kameradschaft beweist sich in der Not“ – Im Gespräch mit dem Veteranen Hugo Diederichs

Es erfüllt uns mit Freude, unseren Lesern dieses Interview präsentieren zu können. Wir bekamen die Chance, gleich mehrfach mit dem Kriegsfreiwilligen Hugo Diederichs persönlich zu sprechen. Wir besuchten den 97 Jahre alten Veteranen bei ihm zuhause, und obendrein begleitete er uns zu Kundgebungen und anderen Veranstaltungen, zu Banneraktionen und letztlich sogar ins Tonstudio für eine CD-Produktion der Band Sturmrebellen, wo er etwas an die heutige Jugend eingesprochen hat. Kamerad Diederichs ist im hohen Alter noch absolut agil und interessiert – und er nimmt am politischen Geschehen noch aktiv teil. Er ist über jedes Maß hinaus vorbildlich und ein lebendiges Leuchtfeuer in diesen dunklen Tagen unseres Vaterlandes.

N.S. Heute: Lieber Hugo, stell Dich doch bitte unseren Lesern einmal vor. Wir wollen ja heute ein wenig über Dein Leben und Deinen Werdegang sprechen, und wir freuen uns, Dir zuzuhören, weil wir alle von Dir sehr viel lernen können.

Hugo Diederichs: Ich bin Hugo Diederichs, Jahrgang ’26 des vorigen Jahrhunderts. Den Rufnamen teile ich mir mit meinem Vater und meinem Großvater väterlicherseits. Ich hinterlasse meinem geliebten Vaterland ein paar wundervolle Kinder und Enkelkinder.

N.S. Heute: Unsere Zeitschrift setzt sich hin und wieder auch mit der deutschen Militärhistorie auseinander. Du warst ja Kriegsfreiwilliger, wie bist Du zum Militär gekommen und welche Verwendung hattest Du bei der Armee?

H.D.: 1932 wurde ich in die Volksschule Porz-Urbach eingeschult [heute ein Stadtteil von Köln, Anm. d. Red.]. 1940 fing ich dann eine Lehre zum Elektroinstallateur an, die ich 1943 erfolgreich beendete.

Im Laufe des Jahres 1943 erhielt ich meinen Musterungsbefehl. Durch die Bomber über Köln und dem damit verbundenen Leid, dem ich durch die dauerhafte Bombardierung als Helfer ausgesetzt war, entschied ich mich für den Kriegsdienst. Genauer gesagt kam das so: Da ich ständig meine kleinen Geschwister in den Luftschutzkeller bringen musste und die Sorgen meiner Mutter miterlebte, habe ich mich, ohne zu zögern, bei der Musterung freiwillig zum Dienst gemeldet. Da ich auf Nachfrage den Wunsch äußerte, zur Kriegsmarine zu wollen, wurde ich dann auch dorthin eingezogen. In den ersten drei Monaten erhielt ich eine kurze Infanterie-Ausbildung in Rambervillers (Frankreich). Nach dem Abschluss dieser Ausbildung ging es erstmal wieder zurück in die Heimat. Nach fast einjähriger Ausbildung zum U-Boot-Fahrer wurde ich dann, weil ich Elektrohandwerker war, als Maschinengefreiter eingesetzt.

N.S. Heute: Was bedeutet für Dich Kameradschaft, wie definierst Du persönlich diesen Begriff? Ich habe da so einen leisen Gedanken, der mir sagt, dass der Begriff heute etwas falsch interpretiert und inflationär benutzt wird. Mir scheint, er hat für Menschen wie Dich noch eine ganz andere Tragweite.

H.D.: Kameradschaft beweist sich ja immer in der Not! Der Kamerad musste für mich ein vertrauensvoller Mensch sein, der Kamerad ist etwas ganz anderes als ein Freund. Zusammen leben, zusammen sterben, das ist das oberste Gebot in einer Kameradschaft. Voraussetzung für die Kameradschaft ist: das eigene Wohl hintenanzustellen!

N.S. Heute: Du hast mit Sicherheit viel Schlimmes gesehen und erlebt, in den Kriegsjahren und auch direkt nach dem Krieg. Was macht das mit einem jungen Menschen? Wie konntest Du Deine Erlebnisse verarbeiten und „wegstecken“?

H.D.: Das ganze erlebte Leid hat mich zum Glück weitestgehend kalt gelassen. Meine Devise war, weiterzumachen und nicht darüber nachzudenken, was geschehen ist. Denn an das Unglück und an all das Leid zu denken, was man nicht selbst verursacht hat, bringt einen weder im Leben weiter noch lässt es dich länger leben. Im Gegenteil, es raubt dir Lebenszeit, denn man durchlebt dieses schon einmal durchlebte Leid immer und immer wieder. Es vernebelt dir, wie eine Rauchgranate, die Sicht auf all die Möglichkeiten, die vor einem liegen und darauf warten, dass du damit das Beste für dein zukünftiges Leben machst.

N.S. Heute: Wie kam es, dass Du das Rheinwiesenlager, also die us-amerikanische Kriegsgefangenschaft überlebt hast, und andere wiederum nicht? Hattest Du eine Art Überlebensstrategie oder warst Du einfach widerstandsfähiger?

H.D.: Wahrscheinlich überlebte ich das Wiesenlager, weil ich jünger und widerstandsfähiger war, ich war halt noch nicht so abgekämpft wie die älteren Kameraden. Die Großen und Kräftigen haben deutlich mehr gelitten. In diesem Grauen noch Überlebensstrategien zu entwickeln, war da für mich absolut nicht möglich.

N.S. Heute: Du wirst dieses Jahr 98 Jahre jung. Verrätst Du uns, wie Du es geschafft hast, dieses Alter zu erreichen und dabei noch so gesund und fit zu sein? Du hast uns mal erzählt, dass Du noch nie erkältet warst und während 50 Arbeitsjahren nicht einen einzigen Krankenschein hattest. Ich finde das absolut beeindruckend und habe sowas noch nie gehört. Schmerztabletten nimmst Du auch nicht, und geimpft gekriegt haben sie Dich während der Corona-Inszenierung auch nicht. Hattest Du Deinen Lebtag keine ernsthaften Krankheiten und hast Du nie Medikamente eingenommen?

H.D.: Zu der Frage, wie ich so alt werden konnte, kann ich nur sagen: Ich habe kein Patent und ich habe immer nach dem Motto gelebt „So viel wie nötig, aber nie so viel wie möglich“. Nie habe ich geraucht, niemals! Ich habe nie eine Extremsportart betrieben, aber bin immer in Bewegung geblieben. Ich habe nie gefragt, was es heute zu essen gibt, ich bin ein Allesfresser – was auf den Tisch kam, wurde verzehrt. Die Wassersucht hatte ich auch nie, ich bekam oft den Spruch zu hören „Du musst viel mehr trinken!“, aber das habe ich nie getan.

Von schweren Krankheiten bin ich bisher in meinem Leben verschont geblieben, auch musste ich nie irgendwelche Medikamente nehmen. Ich hatte mit 94 Jahren einen Oberschenkelhalsbruch. Die Heilungsphase habe ich ohne Medikamente überstanden, auch so verlief der Heilungsprozess sehr gut.

N.S. Heute: Kommen wir mal zu einem kulturellen Thema. Welches ist Dein liebstes Volks- oder Soldatenlied?

H.D.: Zu meinen Lieblings-Soldatenliedern gehören unter anderem das Argonnerwaldlied oder der Westerwaldmarsch, bekannt als das Westerwaldlied. Auch das Lied vom guten Kameraden höre ich gerne, bekannt als „Ich hatt‘ einen Kameraden“.

Meine Lieblingssängerin ist ganz klar die Marlene Dietrich! Ich höre auch gerne so manches mexikanische Volkslied.

N.S. Heute: Du hast im Zweiten Weltkrieg für Deutschland gekämpft. Welchen Eindruck hast Du davon, wie die heutige Jugend mit der Erlebnisgeneration umgeht?

H.D.: Mit aller Deutlichkeit: Bis auf ein paar wenige Ausnahmen, die ich in der letzten Zeit kennenlernen durfte, habe ich einen ganz negativen Eindruck! Ich habe, was das Thema betrifft, keine gute Meinung. Die Schuld liegt allerdings nicht bei der Jugend selbst, sondern bei denen aus den gewissen Kreisen, die mit all ihren Methoden dafür sorgen, dass die Jugend so ist, wie sie ist! Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

N.S. Heute: Was möchtest Du der Jugend in diesem Interview empfehlen und mit auf den Weg geben?

H.D.: Die Jugend ist unsere Zukunft, doch auch die Älteren können noch etwas für die Zukunft tun. Jeder Einzelne sollte sich so verhalten, wie er selber beachtet und behandelt werden möchte.

Meine Mutter hat mir in ihrer Weisheit, schon als ich ein kleiner Junge war, den folgenden Rat mit auf den Weg gegeben: Schaue immer, wie Deine Freunde andere Menschen behandeln, denn so wirst Du auch früher oder später, auf die eine oder andere Art behandelt. Also wähle weise, denn die Folgen können verheerend sein!

N.S. Heute: Die vergangenen sechs Monate sind von einem starken Engagement Deinerseits gezeichnet. Du hast uns sehr viel begleitet und Gesicht und Rückgrat gezeigt. Ich bin von einigen angesprochen worden, ob das so gut und richtig sei und habe zum Teil sogar Kritik einstecken müssen. Das klang für mich teilweise so, als wüsstest Du angeblich nicht, was es bedeutet, mit seinem vollen Namen die Nase in den Wind zu halten. Was hast Du dazu zu sagen, Hugo?

H.D: Ich habe ja von Anfang an gewusst, was ich tue, und niemand anderes trägt die Verantwortung für mein Handeln! Ihr kamt auf mich zu, zuerst war ich skeptisch, aber dann habe ich mit Euch ein paar wundervolle Momente genießen dürfen, die mir die Zuversicht gaben, dass noch nicht alles verloren ist; dass es noch junge, treue Kameraden gibt, die die Liebe zur Menschlichkeit, die Liebe zum Vaterland, die Liebe zur Natur und all ihren Facetten noch im Herzen tragen.

All dies sind für mich genügend Beweggründe, um Gesicht zu zeigen, um der Welt nach mir zu verkünden, wie es einst war. Ihr habt mich zuvor über die Gefahren aufgeklärt, habt mich vorgewarnt, und das reicht!

N.S. Heute: Danke für das gute Gespräch und die vielen positiven Worte, die uns ein Beispiel geben sollen. Ich freue mich auf viele weitere erlebnisreiche Momente mit Dir und überlasse Dir das letzte Wort in unserem kleinen Interview. Danke für alles, was Du für uns und für Deutschland in Deinem Leben getan hast und bis heute noch tust!

H.D.: Lerne leiden, ohne zu klagen! Stets hinterfragen!

Das Gespräch führten Frida Dentiak und Bernd Paul.

Erstveröffentlichung in N.S. Heute #43

Schreibe einen Kommentar