Grey Man – Unauffällig durch die Krise

In diesem Beitrag geht es um praktische Überlebenshilfe in einer Krise. „Grey Man“ heißt das Konzept der unauffälligen Fortbewegung, wenn nicht gar des unauffälligen Lebens in einer Vor-Krisen-Situation, wie wir sie gerade hier und jetzt bereits erleben. Das System erleidet vielleicht schon bald ein multiples „Organversagen“, von Blackout über Unterbrechung der allgemeinen Versorgungsketten, ein Zusammenbruch der gesamten kritischen Infrastruktur bis hin zu Bürgerkrieg und einem Dritten Weltkrieg – nichts ist unmöglich. Vielleicht treffen auch mehrere sehr kritische Situationen zugleich ein. Als Grey Man, also als Grauer Mann oder Frau in der Masse sicherst Du Dir einen Vorteil gegenüber den anderen.

Vorbereitungen ja – aber unauffällig

Du lebst in einem Hochhaus in einer Problemgegend? Dann solltest Du nicht unbedingt im Block rumerzählen, dass Du Krisenvorsorge betreibst und den Keller oder, sogar besser, Deine Wohnung voll hast mit Lebensmitteln, Wasser, Gaskochern, Werkzeug und so weiter. Da beginnt nämlich das Grey Man-Dasein bereits. Probiere doch mal herauszufinden, wer von Deinen Nachbarn wie tickt und wer etwas Nützliches kann, gib aber nicht zu viel von Dir selbst preis. Wenn die Falschen erfahren, welche Fähigkeiten Du besitzt oder was Du bei Dir gebunkert hast, machst Du andere nur unnötig neugierig.   

Save Place – Bug out Place

Hast Du einen sicheren Ort? Vielleicht irgendwo einen Wohnwagen, von dem nicht einmal Deine Freunde wissen? Oder eine Hütte auf einem Freizeitgrundstück mit einem versteckten Lager und diversen Vorräten? Gut so! Nur bleibe hier auch im Grey Man-Bewusstsein, erzähle das besser niemandem. Außer Du hast eine kleine Gruppe von guten, vertrauenswürdigen Freunden, die ebenso wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen wie Du. Aber besser wäre es, wenn Du sie dann irgendwann in einer Krise überraschen kannst mit dem Vorhandensein des Save Places.

Etwas Ergänzung ist vielleicht nicht verkehrt an dieser Stelle: Ein Grey Man bewegt sich nicht nur bei einer Katastrophe, bei einem Unglück, einem Anschlag oder im Chaos unauffällig – ein Grey Man behält stets wichtige Infos für sich. Er schweigt und weiß viel, er bildet sich weiter und zieht keine unnötige Aufmerksamkeit auf seine Gruppe oder, wenn er ein Einzelkämpfer ist, auf sich selbst. Weniger ist mehr. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.

Der Grey Man – der Unsichtbare unterwegs

Es gibt einen Aufstand, die Stadt wird nicht mehr mit Essen beliefert, die Supermärkte haben zu. In Deinen Keller wurde eingebrochen, alle Konserven wurden entwendet. Deine Familie wird hungern, wenn Du jetzt nichts unternimmst. Du musst die Wohnung verlassen, um Nahrung zu besorgen. Im besten Fall nutzt Du die Gunst der Stunde, wenn die marodierenden Massen draußen toben, um abseits der Krawalle an Nahrungsmittel zu kommen. Du hast alles dabei, was Du brauchst, ein kleines Brecheisen, ein Dietrich-Set, vielleicht ein Bengalo, um irgendwo für Ablenkung zu sorgen. Die Masse schaut zum Rauch, den Du irgendwo positionierst, und Du kannst an der Seite unentdeckt ausbrechen, Dich aus der Masse herauslösen. Es gibt viele Möglichkeiten, aus der Masse unauffällig auszuscheren, ohne offensichtlich gegen den Strom zu schwimmen und aufzufallen.

Manchmal wirst Du sogar einen kilometerlangen Umweg einkalkulieren müssen, um unerkannt an Deinen Point of Interest zu kommen. Suche Dir Wege mit Ecken, Winkeln, Büschen und Hauseingängen, um auch zwischendrin abzutauchen, Dich umzuziehen, um dann als eine andere Person weiterzulaufen. Hier geht es ums Überleben, da musst Du kreativ sein. Sei viele, sei ein Grey Man! Wenn Du am Ziel bist, mache nur immer dann ein Geräusch und Krach, wenn die Masse in der Nähe auch Krach macht. Nutze Fremdgeräusche, um zeitgleich auch laut zu sein, wenn die Situation es erfordert. So schöpft niemand Verdacht, wenn Du tätig wirst. Handele effizient, auch ein kleiner Einsatz kann einen großen Erfolg haben. Überlege Dir immer genau, was Du brauchst und was Du willst, bevor Du handelst.

Clausewitz hat gesagt, wenn Du nicht weißt, was zu tun ist, dann warte ab!

Sinnlosigkeiten können Deine Unbekanntheit, Deine Grey Man-Tarnung schnell auffliegen lassen, und Du bist Dein gesamtes Equipment oder gar Dein Leben los. Damit ist weder Dir, Deiner Familie noch Deiner Gruppe geholfen.

Lege Dir persönliche POIs (Point of Interests) auf einer Karte an

Ein Grey Man sorgt vor dem eigentlichen Chaos vor und hat sich bereits einen Plan gemacht, wie er wo an etwas zu Essen kommt in der Stadt oder auf dem Land. Er weiß, wo eventuell eine frei zugängliche Quelle mit sauberem Frischwasser im Wald ist. Ein kluger Grey Man weiß, wo Arztpraxen sind oder Tierarztpraxen, wo Apotheken und Werkstätten sind. Er kennt verlassene Industriegebäude mit verstaubten Werkbänken, wo man ungesehen was bauen oder reparieren kann. Ein Grey Man hat sich bereits vor der Krise Wege dorthin überlegt, auf denen er nicht unbedingt gesehen wird.

Kleidung und Verhalten

Ziehe Dir weite Sachen an, viele innenliegende Taschen sind Pflicht. So kannst Du Werkzeuge und Ausrüstung kaschieren. Nutze einen völlig unauffälligen Rucksack, keine große Marke, nichts Buntes, nichts zu Großes und nichts Taktisches beziehungsweise Militärisches. Hier verstaue, was Du für die Tour benötigst und lasse genügend Platz für das, was Du mitnehmen willst.

Trage Farben wie Grau, Blau, Pastelliges, nichts Leuchtendes, nichts Kräftiges. So merkt sich niemand so einfach Deine Person. Auf dem Land trage Grau und Braun. Das sind Farben, die auch gut mit der Umgebung (Natur) verschmelzen. Vermeide in der Stadt Tarnkleidung oder auffällige militärähnliche Cargo-Hosen. Als Schuhwerk trage keine Armeestiefel und keine Turnschuhe mit Neonstreifen. Zum Beispiel kannst Du einen Spazierstock nutzen, um so zu tun, als wärst Du ein älterer oder gebrechlicher Mensch. Später kannst Du Dich des Stocks entledigen, Dich umziehen und in eine andere Rolle schlüpfen. Im Regen nutze einen Regenschirm, dann lasse ihn wieder verschwinden und nutze eine Regenjacke – bleibe stets flexibel. Vermeide Aufschriften oder große Markenembleme auf Klamotten. Nutze Wendejacken, trage streckenweise eine Mütze, dann packe sie nach einer Weile in einem Gebüsch oder einem Hauseingang in den Rucksack. Ziehe die Jacke aus und gehe nur im Pullover gekleidet weiter oder wende Deine Wendejacke. Jetzt bist Du wieder jemand anderes. Bleibe ein Grey Man, bis Du am Ziel bist.

Schaue keinem ins Gesicht

Vermeide unbedingt Augenkontakte. Bei direktem Augenkontakt wird sich Dein Gegenüber eher an Dich erinnern können. Gehe einfach immer unauffällig weiter. Siehe Dich nicht auffällig um, auch wenn Du natürlich Deine Umgebung immer scannst. Sonnenbrillen können hier bei entsprechender Jahreszeit helfen, genauso eine Kappe, die Du tief ins Gesicht ziehen kannst. Es gibt viele Möglichkeiten der Täuschung und Verschleierung. Umsehen kannst Du Dich auch über Schaufenster, ohne dass es auffällt.

Laufe langsam in einer Gruppe, gehe nicht schneller als die anderen, um nicht aufzufallen. Klinke Dich unauffällig an Weggabelungen aus, wenn kleinere Gruppen auch dort abbiegen. Jeder wird denken, dass Du zu denen gehörst. Laufe nie alleine gegen den Strom. So könnten Beobachter von oben, Späher oder Sicherheitskräfte auf Dich aufmerksam werden und Dich ganz einfach rausziehen. Denke dran, Du willst nicht auffallen, also verhalte Dich wie die Masse und nimm Umwege in Kauf. Viele Wege führen nach Rom, manche dauern eben nur etwas länger. Benimm Dich klug und mache nichts, was Aufmerksamkeit auf Dich ziehen könnte. Gehe Deinen Weg von A nach B taktisch in mehreren Zügen, wie bei einem Schachspiel. Und wenn Dir jemand einen Strich durch die Rechnung macht, hast Du immer einen Plan B.

Schütze Dich und Deine Familie – sei vorbereitet und lerne neue Fähigkeiten von Handwerk bis Selbstverteidigung!

Erstveröffentlichung in N.S. Heute #45

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