Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen, wie sein korrekter Geburtsname lautet, wurde am 1. April 1815 in Schönhausen (Elbe) im heutigen Sachsen-Anhalt geboren. Väterlicherseits stammte er aus einem Adelsgeschlecht, welches schon seit dem 13. Jahrhundert in der Altmark ansässig war, mütterlicherseits aus einer bürgerlichen Familie, die hohe Beamte hervorbrachte. Nach den ersten unbeschwerten Jahren auf dem Gut der Bismarcks in Pommern begann 1821 seine schulische Ausbildung in Berliner Eliteschulen. Als Junker das freie Leben auf dem Lande gewohnt, zeigten sich in den Internaten schnell gewisse Probleme mit den Autoritäten. Schulisch glänzte er nur dort, wo er auch Gefallen fand, so war der junge Bismarck zum Beispiel recht sprachbegabt.
Direkt nach dem Abitur 1832 ging er zum Studium der Rechtswissenschaften nach Göttingen. Die Universität Göttingen hatte einen ausgesprochen guten Ruf, was wohl auch der Grund für den Wechsel von Berlin nach Göttingen war. (Leider endete dieser gute Ruf ab etwa Mitte des 20. Jahrhunderts.) Dort blieb er zwar nur ein gutes Jahr, in dem er, wenn man den Polizei- und Universitätsberichten der Zeit glauben darf, vorwiegend durch „Zechprellerei und Raufhändel“ auffiel. Dennoch sollte das die Universität nicht davon abhalten, ihm später, anlässlich seines 70. Geburtstages, die Ehrendoktorwürde anzuerkennen. Ebenso wurde Bismarck in diesem „Göttinger Jahr“ Corpsstudent bei „Hannovera Göttingen“ und blieb der Korporation bis zu seinem Tode stets verbunden.
Der Weg in die Politik
1835 schloss er das Studium mit dem ersten Staatsexamen ab, arbeitete zunächst in einem Berliner Gericht und später in Aachen. Dort hatte er Affären mit diversen Damen und verbrachte seine Zeit gerne in Casinos. Da beide Steckenpferde sehr teuer sind, war er bald immens verschuldet. Deshalb gab er Ende 1837 die Beamtenlaufbahn endgültig auf und leistete ab 1838 seinen freiwilligen Wehrdienst bei den Garde-Jägern. Dieser Wehrdienst ermöglichte ihm den Besuch der Landwirtschaftlichen Akademie Eldena bei Greifswald. Dies wiederum befähigte ihn nicht nur, die Güter der Familie ordentlich zu führen, sondern er war damit so erfolgreich, dass er alle Außenstände der Familie (und natürlich auch seine eigenen) begleichen konnte. Das Landleben hatte ihn wieder.
1847 heiratete er Johanna von Puttkamer, die ihm neben den drei gemeinsamen Kindern auch ein richtiges „Zuhause“ und Zeit ihres Lebens eine emotionale Burg schenkte. Als Gutsverwalter und Gutsbesitzer auf Kniephof/Pommern kam er zunächst über den hiesigen Kreistag und den Pommerschen Landtag (Provinziallandtag) in die Politik. Durch den Umzug in seinen Geburtsort ging es weiter in den Sächsischen Landtag und ab 1847 in den Vereinigten Landtag der Preußischen Provinzen. Spätestens hier soll Bismarck endgültig seine Leidenschaft für die Politik gefestigt haben. Es wird ihm der Ausspruch nachgesagt: „Die Sache ergreift mich viel mehr als ich dachte.“
Als er 1849 in den Preußischen Landtag in Berlin gewählt wurde, gab er seine Tätigkeit auf dem Familiensitz Gut Schönhausen endgültig auf und wurde „Berufspolitiker“. 1851 wurde Bismarck Gesandter beim „Bundestag“ in Frankfurt am Main und stieg schnell zu einer bekannten politischen Persönlichkeit auf. Geschicktes Taktieren und die Fähigkeit zum Ausgleich der verschiedenen Interessen verschafften ihm viel Ansehen. Er schaffte es sogar, Preußen aus dem Krimkrieg (1853-1856) herauszuhalten. Schon hier war seine Prämisse: „Ein großer Staat kämpft nur für seine eigenen Interessen.“
Bismarck schmiedet das Reich
1859 wurde Bismarck zunächst Gesandter in St. Petersburg, bevor er nach Paris berufen wurde.
Im September 1862 war es dann soweit, Bismarck wurde von König Wilhelm I. zum Preußischen Ministerpräsidenten und Außenminister ernannt. In einer seiner ersten Reden als Ministerpräsident sprach Bismarck die berühmten Worte: „Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden, sondern durch Eisen und Blut!“
Nach einigen innenpolitischen Schwierigkeiten („Preußischer Verfassungskonflikt“) waren die nachfolgenden Jahre von außenpolitischen Entwicklungen geprägt: 1863 kam es zum Deutsch-Dänischen Krieg, der militärisch in der Hauptverantwortung von Bismarck geführt und gewonnen wurde. Dadurch konnten Schleswig, Holstein und Lauenburg vom Dänischen Königreich gelöst werden. Nach dem „Deutschen Krieg“ Preußens gegen Österreich 1866 und dem Sieg bei Königgrätz gingen die norddeutschen Lande Schleswig, Holstein und Lauenburg, die man noch zusammen mit Österreich erkämpft hatte, endgültig unter preußische Verwaltung. Auch Hannover, Nassau und Kurhessen wurden „preußisch“.
Mit der Gründung dieses „Norddeutschen Bundes“ wurde faktisch eine „kleindeutsche Lösung“ für den kommenden Einheitsstaat geschaffen, unter der Führung Preußens und somit Bismarcks. Nur die süddeutschen Länder wie Baden, Württemberg oder Bayern wollten noch nicht beitreten, was auch in den unterschiedlichen vorherrschenden Konfessionen begründet lag. Während der Süden katholisch geprägt war, war das Land ab der „Mainlinie“ nach Norden eher protestantisch.
Durch den Konflikt in der spanischen Thronfolge 1870 und die daraus resultierende „Emser Depesche“ als gezielte Provokation des „Erbfeindes“ folgte 1870/71 der Deutsch-Französische Krieg, der durch eine überlegene Kriegsführung sowie den Kriegseintritt der süddeutschen Länder an der Seite des Norddeutschen Bundes siegreich für die deutschen Verbündeten endete. Am 18. Januar 1871 konnte Wilhelm I. König von Preußen im Spiegelsaal von Versailles zum Deutschen Kaiser ausgerufen werden, noch bevor Frankreich im Mai 1871 endgültig kapitulierte und Lothringen sowie das Elsass an Deutschland abtreten musste. Durch die Vereinigung aller deutschen Kleinstaaten, was maßgeblich auf das politische Geschick Bismarcks zurückzuführen ist, gab es seit dem Ende des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ gut 60 Jahre zuvor nun wieder ein „zweites“ Deutsches Reich, das die deutschen Stämme (wenn auch nicht alle) vereinte. Zweifelsohne war dies der Höhepunkt im politischen Schaffen des nunmehr zum „Fürsten von Bismarck“ erhobenen Junkers.
Auf Kriegsfuß mit Katholiken und Sozialdemokraten
In den Folgejahren konnte sich Bismarck als Reichskanzler mit diplomatischem Geschick und unter Zurückhaltung imperialer Gelüste dem Misstrauen, Neid und Hass der europäischen Großmächte geschickt entziehen. Dennoch gab er ab 1884 dem Wunsch nach Kolonien im Deutschen Reich nach, um gegenüber den anderen europäischen Mächten nicht zurückzustehen. Im Laufe der Jahre wurden Ostafrika, Süd-West-Afrika und die Gebiete der heutigen Staaten Kamerun und Togo zum „Deutschen Schutzgebiet“ erklärt. Auch in der Südsee gab es deutsche Kolonien, zum Beispiel das „Bismarck-Archipel“ im heutigen Papua-Neuguinea. Nach dem Ersten Weltkrieg verlor das Deutsche Reich durch das Versailler Diktat sämtliche Kolonien. Viele Eingeborene, besonders in Afrika, trauern zum Teil noch heute dieser „guten alten Zeit“ nach, wenn sie daran denken, welche grausamen Kolonialherren auf die Deutschen folgten.
Neben den außenpolitischen Problemen gab es auch innenpolitische Krisen zu bewältigen. Bismarck führte den sogenannten „Kulturkampf“ mit den katholisch-reaktionär geprägten Kräften, die eher Rom als Berlin treu waren. Dennoch setzte er die Zivilehe durch, verbot katholischen Priestern die politische Betätigung und führte staatliche Schulen ein. Somit entzog er der katholischen Kirche und der Zentrumspartei als ihrem politischen Arm wesentlichen Einfluss.
1878 nahm der Reichskanzler zwei gescheiterte Attentate auf Kaiser Wilhelm I. zum Anlass, das „Sozialistengesetz“ in Kraft zu setzen. Damit wollte er den vaterlandslosen Bestrebungen, wie sie bereits SPD-Mitbegründer August Bebel 1871 mit seiner Sympathie für die Pariser Kommune zeigte, entgegenwirken. Obwohl das Sozialistengesetz noch bis 1890 in Kraft war, so war Bismarck doch bestrebt, im modernen Industriezeitalter eine soziale Gesetzgebung für die Arbeiter zu forcieren. Es wurden unter anderem Berufsgenossenschaften, Krankenkassen und letztlich auch die „Rente“ (1889) beschlossen und eingeführt. Bismarck gilt damit als „Vater des Sozialstaates“, auch wenn die Sozialisten und Kommunisten später versuchten, diese Leistungen für sich zu beanspruchen.
Der Lotse geht von Bord – Die Begründung des „Bismarck-Kultes“
Ab dem „Dreikaiserjahr 1888“ und dem Beginn der Regentschaft von Kaiser Wilhelm II. waren die Tage von Bismarck als Reichskanzler gezählt. Der Kanzler, der das Reich lediglich nach innen und außen bewahren und beschützen wollte, stand mit Wilhelm II. einer Generation gegenüber, die „an die Sonne strebte“. „Wilhelm Zwo“, der neidisch auf seine Vettern in England oder Russland schaute, wollte freie Hand für seine Expansionspolitik. Da störte Bismarck nur. Nach einem scharfen Konflikt im Kronrat zwischen dem Kanzler und dem Kaiser reichte Bismarck letztlich am 18. März 1890 sein Rücktrittsgesuch ein.
Bismarck zog sich auf seinen Sitz Friedrichsruh im Sachsenwald bei Hamburg zurück und arbeitete zunächst an seinen Memoiren, welche er aber nie ganz zu Ende brachte. Dafür schrieb er gerne Zeitungsartikel, in denen er seiner Kritik gegenüber der neuen Reichsregierung Ausdruck verlieh. Die Beliebtheit des Altkanzlers wuchs im Volk zusehends und führte zu einem regelrechten „Bismarck-Kult“. Zahlreiche Städte verliehen ihm die Ehrenbürgerwürde, verschiedenste Delegationen besuchten Bismarck auf Friedrichsruh. Insbesondere in den Jahren nach seinem Tod 1898 wurden unzählige Denkmäler wie die berühmten „Bismarcktürme“ in seinem Andenken errichtet, aber auch Straßen oder der berühmte „Bismarck-Hering“ wurden nach ihm benannt. Noch heute begegnet uns der Name Bismarck vielerorts nicht nur in Deutschland, sondern auch in den ehemaligen Kolonien des Deutschen Reiches.
Die Verehrung Bismarcks als „Gründer“ des Zweiten Deutschen Reiches reichte über das Kaiserreich, die Weimarer Republik und das Dritte Reich hinaus bis in die heutige Bundesrepublik. Sogar in der DDR erschien noch 1985 eine wohlwollende Biographie über Bismarck, während man in der BRD seit den 1970er-Jahren (insbesondere durch die „Bielefelder Schule“) versuchte, seine Leistungen zu negieren.
Ambivalentes Verhältnis zur Judenheit
Das Leben und das politische Erbe Bismarcks wird heute auch in nationalen Kreisen kontrovers diskutiert. Einerseits sieht man in ihm den „Schmied“ des Deutschen Kaiserreiches, und auch seine Leistung in der Sozialgesetzgebung wird gewürdigt. Andererseits wird von manchen der „mangelnde Wille zur Großmacht“ kritisiert, der schließlich zum Konflikt mit Kaiser Wilhelm II. führte, sowie sein ambivalentes Verhältnis zur Judenheit.
Auf der einen Seite sprach er sich noch 1847 im Provinziallandtag strikt gegen eine absolute Gleichstellung der Juden aus, ließ aber bei der Reichsgründung 1871 mit der Reichsverfassung eine solche Gleichstellung zu. Bismarck arbeitete und umgab sich mit vielen Mitstreitern, die man heute als „antisemitisch“ bezeichnen würde (zum Beispiel Adolf Stoecker), pflegte jedoch auch gute Beziehungen zum jüdischen „Geldadel“ in Preußen und im Reich. Besonders hervor sticht der Bankier Gerson Bleichröder, der als „Bankier Bismarcks“ galt und vermutlich der reichste Mann Preußens und des Kaiserreichs war.
Angeblich unterschied Bismarck in zwei Kategorien von Juden, wie ein Zitat Bismarcks beweisen soll: „Nicht das Geldjudentum, sondern das politische Reformjudentum macht sich bei uns in der Presse und in den parlamentarischen Körperschaften geltend.“ Das soll Bismarck zum damaligen Kronprinzen und späteren Kaiser Wilhelm II. gesagt haben. Und weiter: „Die Interessen des Geldjudentums sind eher mit der Erhaltung unserer Staatseinrichtungen verknüpft, und können der letzteren nicht entbehren. Das besitzlose Judentum in Presse und Parlament, welches wenig zu verlieren, viel zu gewinnen hat und sich jeder Opposition anschließt, kann unter Umständen auch zu einem Bündnis mit der Sozialdemokratie gelangen.“
Auch ein gescheitertes Attentat auf Otto von Bismarck am 7. Mai 1866 in Berlin durch den Juden Ferdinand Cohen-Blind ließ ihn nicht zu einem „aktiven Antisemiten“ werden. Immerhin hatte Bismarck ab 1880 einen jüdischen Leibarzt. Und wie verträgt sich seine Ehrenmitgliedschaft im „Alldeutschen Verband“ damit, dass er vertraute Freundschaften mit jüdischen Ärzten und Bankiers pflegte? Diese Frage lässt sich an dieser Stelle und von diesem Autor nicht abschließend bewerten. Als Protestant war Bismarck jedenfalls kein Freund des Judentums, als Machtpolitiker hingegen war er ein Pragmatiker seiner Zeit. Und wenn er von jüdischen Bankhäusern Geld bekam oder, wie durch Bleichröder, zusätzliche internationale Kontakte knüpfen konnte, so nutzte er diese Möglichkeiten.
Ich denke, trotz dieser Seite des „Eisernen Kanzlers“ kann man Otto von Bismarck den Ehrenplatz in der deutschen Geschichte getrost zuweisen. Gerade in der heutigen Zeit könnte ein Kanzler vom Format eines Otto von Bismarck viel Leid vom deutschen Volk abwenden und vieles zum Besseres wenden. Dies gilt auch und insbesondere 125 Jahre nach seinem Tode.
Erstveröffentlichung in N.S. Heute #36
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