Besprechungen #63: Alain de Benoist – Heide sein

Die europäische Glaubensalternative

Alain de Benoists Neuauflage des 1982 erstmals in Deutschland erschienenen Werkes ist ein dankenswertes Unterfangen. Wer hier eine lockere Anleitung für launige Rituale, „Odin-statt-Jesus“-Plattitüden, ariosophische Fantasy-Welten oder Vikings-„Heidentum“ mit Plastik-Methorn erwartet, wird schnell eines Besseren belehrt. Typisch für Benoist ist, dass die Sprache des Buches sehr anspruchsvoll ist, und auch der Inhalt hat es in sich. Es geht um nicht weniger als das Auseinanderfädeln der christlichen und heidnischen Moralvorstellungen, zudem zeigt der Autor auf, wie Elemente des Christentums die Tür für so manche negativen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte geöffnet hatten. Hier fällt einem sofort das Diktum der „Feindesliebe“ und der „Duldsamkeit“ ein, doch auch die künstliche Feindschaft zwischen Mann und Frau, das Denken in linearen statt zyklischen Zeitabläufen und das Versteifen auf absolute Wahrheitsansprüche werden als im Juden- und Christentum fußend herausgestellt. Selbst Feinde des Christentums werden staunend feststellen, wie sehr Teile ihres eigenen Denkens dennoch davon beeinflusst sind; sei es im Guten oder im Schlechten.

Besonders interessant wird es, wenn Alain de Benoist aufzeigt, wie ausgerechnet die christliche Verdammung der Welt als Jammertal und Sündenpfuhl die Entstehung des Atheismus und letztendlich dessen Niedergang gefördert hat. Zudem räumt das Buch mit den Vorwürfen auf, die europäischen Heiden hätten unter mangelnden Sitten und Normen gelitten, weil ihnen der Begriff der „Sünde“ unbekannt gewesen sei. Man mag nun berechtigterweise einwerfen, dass Europa unter dem Kreuz jahrhundertelang ein Hort der Kultur, Stärke und Schönheit gewesen ist, doch sollte man sich die Frage stellen, ob dies nicht vielmehr der Mentalität der europäischen Völker geschuldet ist. Die zum Teil viel christlicheren Afrikaner oder Südamerikaner können noch immer keine vergleichbaren Geistesgrößen und Künstler vorweisen, wie man sie in Europa zuhauf vorfindet.

An dieser Stelle sei auch „Europas andere Religion“ von Sigrid Hunke erwähnt. Ihr Werk übte auf Benoist einen großen Einfluss aus, wenngleich es nicht dezidiert heidnisch, sondern unitaristisch ist. Aufgrund seiner vergleichsweise einfacheren Sprache und dem Fokus auf deutsche Dichter und Denker eignet sich „Europas andere Religion“ jedoch hervorragend als Ergänzung zu „Heide sein“.

Es bleibt zu hoffen, dass noch weitere verborgene Schätze der „alten Neuen Rechten“ wiederaufgelegt oder sogar erstübersetzt werden. Viele vergessen, dass nicht nur Vordenker wie Benoist, sondern auch Dominique Venner und Guillaume Faye keine Freunde des Christentums waren. Die christliche Ausrichtung von Teilen der „Neuen Rechten“, insbesondere der reaktionär-traditionelle Katholizismus, sind lediglich Einflüsse, die viel später und von anderen Protagonisten eingeführt wurden. Wer ernstlich an einem heidnischen Neuanfang arbeiten möchte, wird an diesem Buch nicht vorbeikommen. Auch wenn das Heidentum keine Schriftreligion ist, braucht es dennoch eine philosophische, theologische, liturgische und intellektuelle Grundlage. Dieses Werk kann das nicht alles liefern, es hat auch nicht diesen Anspruch, denn das ist die Arbeit von Generationen. Ganz gleich, ob man ein „modernes“ Heidentum im Stile Fayes vertritt, sich in Zunfthose am Heidentum der Jahrhundertwende orientiert oder sich in wallenden Gewändern im Wald und an heiligen Quellen trifft: die heidnischen Bewegungen müssen für einen ernstgemeinten Neuanfang sichtbar sein und ein Fundament bilden, auf dem sie auch in den nächsten Jahrtausenden stehen können. Das Christentum ist im Niedergang, und wenn nicht ein uns arteigener Glaube dieses Vakuum ausfüllt, wird lediglich der nächste Fremdimport die Gedanken der europäischen Völker für weitere Jahrhunderte besetzen.

Erstveröffentlichung in N.S. Heute #40

Hier ein Abonnement der Zeitschrift Nationaler Sozialismus Heute abschließen: www.nsheute.com/abo

Ausgewählte Bücher und Zeitschriften gibt es unter: www.sturmzeichen-versand.de

Schreibe einen Kommentar