Besprechungen #27: Alex Kurtagić – Mister

2016 erschien die deutsche Übersetzung des dystopischen Romans „Mister“, verfasst vom britischen Schriftsteller, Musiker und Produzenten Alex Kurtagić. Bisher hat das 2009 im englischen Original erschienene Buch in nationalen Kreisen eher wenig Verbreitung gefunden, doch die Lektüre lohnt sich nicht nur für eingefleischte Dystopie-Fans.

Spanien, im Dezember 2022: Das Land am Mittelmeer ist – wie viele andere europäische Staaten auch – in Verfall und Niedergang begriffen. Das Gerichtswesen ist zusammengebrochen, die Kriminalität auf den heruntergekommenen und vermüllten Straßen ist allgegenwärtig. Technische Anlagen verfallen, es kommt regelmäßig zu Stromausfällen, die Mehrwertsteuer liegt bei 33 %, es gibt Anzeichen einer beginnenden Hyperinflation. Während die einheimische Bevölkerung überaltert, sind die Zuwanderer aus Afrika, Asien und Südamerika jung und kinderreich. Das „Toleranzgesetz“ verpflichtet zur strengsten Rücksichtnahme auf alle möglichen Minderheiten, das Weihnachtsfest ist der zunehmenden Islamisierung bereits zum Opfer gefallen und vom Staat verboten worden. Für die Einhaltung des „Toleranzgesetzes“ sorgt ein engmaschiges Überwachungssystem, das vor allem zur Bekämpfung der politischen Opposition eingesetzt wird.

Zusätzlich zum gesellschaftlichen Verfall kommen die Probleme mit der Umwelt: Temperaturanstieg, Wasserknappheit und vergammeltes, verseuchtes Essen zehren an den Nerven der multikulturellen Bevölkerung. Der Umgang der Personen untereinander wäre mit „Ellenbogengesellschaft“ noch harmlos ausgedrückt: Die Menschen sind unfreundlich, ignorant, misstrauisch, hinterlistig, rücksichtslos und gewalttätig. Überall macht sich Degeneration breit, die Menschheit entwickelt sich zurück, sie vertiert geradezu. Jene Weißen, die es sich leisten können, ziehen sich in die schmelzende Antarktis zurück, um dem scheinbar unabwendbaren Zusammenbruch der europäischen Zivilisation zu entkommen.

Vor diesem düsteren politischen und gesellschaftlichen Hintergrund reist ein namenloser „Mister“ aus dem englischen Surrey mit dem Flugzeug zu Geschäftsterminen nach Madrid. Während des strapaziösen Fluges trifft der Computerwissenschaftler und Inhaber einer Beratungsfirma zufällig auf den britischen Historiker David Irving. Nach der Landung in Madrid macht der Protagonist nicht nur Bekanntschaft mit der Guardia Civil und einem betrügerischen, schwarzen Taxifahrer, sondern er wird auch Augenzeuge eines islamistischen Terroranschlags auf den Flughafen-Terminal, der in den Nachrichten der folgenden Tage allerdings nur als Randnotiz vorkommt, da die Bevölkerung mit Sportnachrichten und anderen Belanglosigkeiten vom eigentlichen Weltgeschehen abgelenkt wird. Eine Kette unglücklicher Zufälle bringt den Protagonisten schließlich in Konflikt mit der erbarmungslosen Staatsmacht – was allerdings auch dazu führt, dass der stets auf sein persönliches Fortkommen fixiert gewesene „Mister“ die in seiner Untätigkeit und Lethargie liegenden Fehler erkennt. Schließlich bahnt sich ein Umdenken an.

Kurtagić gelingt es von Anfang an, beim Leser ein diffuses Gefühl der Beklemmung auszulösen. Was für den kundigen Leser besonders interessant ist: Der Protagonist trifft neben David Irving noch auf andere reale Persönlichkeiten wie Kevin MacDonald, David Duke und Tomislav Sunić; letzterer hat auch das Vorwort zum Buch beigesteuert. In dem sprachgewaltigen Werk wird jede Gelegenheit wahrgenommen, die literarische Freiheit auszunutzen, die ein Roman bietet – als Sachbuch wäre es aufgrund bestimmter Formulierungen längst wegen „Volksverhetzung“ aus dem Verkehr gezogen worden.

Manche inhaltlichen Versatzstücke benutzt der Autor etwas zu schematisch, was im Roman zu einigen Wiederholungen führt. Auch wird es sicherlich nicht jedermanns Geschmack sein, dass Kurtagić seine offenkundigen persönlichen Interessen wie Black Metal, Heidentum und esoterischen Hitlerismus ziemlich aufdringlich in die Handlung einarbeitet. Doch angesichts des positiven Gesamteindrucks des 527 Seiten starken Werkes sehen wir über diese kleinen Kritikpunkte gerne hinweg.

Erstveröffentlichung in N.S. Heute #12

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