1994 verlegte sich die Polizei darauf, maßgebliche Aktivisten im Vorfeld der „Heß-Aktionswoche“ zu verhaften (Unterbindungsgewahrsam). Im gesamten Bundesgebiet gab es Urlaubssperre für die Polizei. So entschloss auch ich mich vor dem Wochenende, an dem wir aufmarschieren wollten (koste es was es wolle), unterzutauchen. Ich begab mich in die Wohnung eines Kameraden und war für die Polizei nicht auffindbar. So konnten wir mit einem Pkw bei Nacht und Nebel in der Nacht zum 17. August die Grenze zu Belgien überschreiten und verharrten dann an der belgisch-luxemburgischen Grenze, bis die vereinbarte „Funkstille“ aufgehoben wurde und ich über Mobiltelefon weitere Anweisungen erhielt.
Wir rasten in die Innenstadt und versammelten uns mit anderen Kameraden vor der BRD-Botschaft in Luxemburg. Bis dahin also alles gelungen. Doch nach kurzer Zeit kam die Luxemburger „GSG9“ und hat unsere Spontanversammlung „fachgerecht zusammengelegt“. Darauf waren wir ehrlich gesagt nicht vorbereitet. Und so kam es, dass wir alle auf das Polizeipräsidium gebracht wurden. Dort wurden die Personalien aufgenommen und alle in die Zellen im Keller verbracht. Nach und nach kamen ca. 180 Aktivisten in Haft.
Die Zeit im Luxemburger Polizeikeller hält aber auch noch Anekdoten bereit: Die ersten mussten sich noch komplett nackt ausziehen und wurden dann wieder mit Kabelbindern gefesselt. Ihre Kleidung wurde einfach auf einen Haufen im Flur geworfen. Später durfte zumindest die Unterwäsche anbehalten werden. So kam es auch, dass zum Teil Männlein und Weiblein nackt in eine Zelle gesperrt wurden. Der Platzmangel war enorm. Darauf war man in Luxemburg nicht eingerichtet.
Ich selbst kam zum Glück mit meiner Truppe in eine Drei-Mann-Zelle, die mit Gittern nach us-amerikanischem Muster ausgestattet war. Am Ende waren wir ca. 20 Mann. Man kann sich ausdenken, wie es gerochen hat, wenn 20 Mann zusammengepfercht werden, die seit zwei oder drei Tagen nicht aus den Stiefeln gekommen sind. Aber dennoch war die Stimmung gut. Ein Kamerad schaffte es sogar, einen Fotoapparat mit in die Zelle zu nehmen (die Beamten wurden immer nachlässiger ob der Masse) und wir schafften es, trotz mit Kabelbindern gefesselten Armen auf dem Rücken, Bilder zu schießen. Was aus dem Bildmaterial geworden ist, weiß ich leider nicht zu sagen.
Mit anderen Kameraden „schrie“ man von Zelle zu Zelle. Und man feierte die Kameraden, welche mit Mädels in einer Zelle waren! 😉 Irgendwann wurden wir dann sukzessive entlassen, nach Bezugs- und Reisegruppen gegliedert. Die erste Hürde war es, seine Kleidung aus dem Haufen im Flur zu finden. Wir sprechen immerhin von 1994! Der bevorzugte Kleidungsstil war „schwarz“. Schwarze Martens, schwarze Bundeswehrhose, schwarze Bomberjacke usw. Aber irgendwann war man dann auch angezogen.
Im Falle meiner Pkw-Besatzung war es so, dass der Fahrer mit einem Streifenwagen zum Fahrzeug gebracht wurde und diesen dann unter Begleitung vor das Präsidium fuhr. Erst dann wurden wir anderen entlassen. In dieser Situation kam es wieder zu einem Bild, das eventuell der eine oder andere kennt: Wir trugen das T-Hemd der damaligen „Kameradschaft Recklinghausen“ (seit 1996 verboten) und entboten alle, der Pressemeute zur Freude, den „Widerstandsgruß“. Ein klassisches Bildnis des Widerstandes der 1990er-Jahre.
Anschließend wurden wir unter „Begleitschutz“ zur BRD-Grenze eskortiert und der BRD-Polizei „übergeben“. Auch diese notierte sich noch einmal die Personalien, ließ uns dann aber unserer Wege ziehen. War die Aktion selbst auch nicht so erfolgreich wie geplant, so konnten wir doch wieder einmal das System austricksen und die Person Rudolf Heß europaweit ins Bewusstsein holen.
Erstveröffentlichung in N.S. Heute #4
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