Vom Übermenschen Nietzsches zum Transhumanismus – Eine kurze Skizze

Vom Übermenschen Nietzsches hat jeder schon mal gehört. Der Philosoph Rüdiger Safranski bringt Nietzsches vielfältige Darstellungen des Übermenschen an verschiedenen Stellen seines Werkes so auf den Punkt:

Nietzsches Bild vom Übermenschen ist ambivalent, und es verbirgt sich darin ein existenzielles Drama. Der Übermensch repräsentiert einen höheren biologischen Typus, er könnte das Produkt einer zielstrebigen Züchtung sein; er ist aber auch ein Ideal für jeden, der Macht über sich selbst gewinnen und seine Tugenden pflegen und entfalten will, der schöpferisch ist und auf der ganzen Klaviatur des menschlichen Denkvermögens, der Phantasie und Einbildungskraft zu spielen weiß. Der Übermensch realisiert das Vollbild des Menschenmöglichen, und darum ist Nietzsches Übermensch auch eine Antwort auf den Tod Gottes.

So weit, so gut, ein grundsätzlicher Gedanke Nietzsches aus der Zeit der beginnenden industriellen Entwicklung. Diese wurde aber nur durch die Entwicklung der Wissenschaften und durch die Anwendung dieser Erkenntnisse als Technik möglich. Anderthalb Jahrhunderte später gilt es heute, diese massive und schnelle technische Entwicklung auch philosophisch einzuordnen. Gleichzeitig muss aber auch die Verwahrlosung der menschlichen Seele philosophisch verarbeitet werden, die Nietzsche schon damals diagnostizierte und in der Nachkriegszeit von Arnold Gehlen, konservativer Gegenspieler Adornos, im Werk über die Seele im technischen Zeitalter und sozialpsychologische Probleme in der industriellen Gesellschaft ausführlich beschrieben wurde.

Das ist die jetzige Lage: seelische Verwahrlosung und immer höher entwickelte Technik, wobei die Technik den Takt vorgibt und die Seele gezwungen mit muss. Nun nutzt es nichts, in Technikfeindlichkeit zu verharren, sondern es muss überlegt werden, wie Körper und Geist, Seele und Technik, wieder zusammengeführt werden im Sinne einer höheren Entwicklung des Menschen. Brauchen wir nicht, mag manch einer sagen. Doch, allein schon, um so besser im ewigen Kampf zu bestehen, einfach um sich Vorsprung und Vorteile zu verschaffen, im ständigen Wettlauf der Welt.

Das geeignete philosophische Werkzeug als Ausweg aus dieser Krise und zur höheren Entwicklung des Menschen ist der Transhumanismus (deutsch etwa: jenseits des Menschlichen, übermenschlich), der sich in der Nachkriegszeit hauptsächlich im angelsächsischen Raum ausbreitete. Der Biologe und Philosoph Huxley erklärt es so:

Die menschliche Spezies kann, wenn sie es möchte, über sich selbst hinauswachsen – nicht nur sporadisch, ein Einzelner mal so, ein anderer mal so, sondern als Ganzes, als Menschheit. Wir brauchen einen Namen für diesen neuen Glauben. Vielleicht passt Transhumanismus ganz gut: Mensch, der Mensch bleibt, aber sich selbst, durch Verwirklichung neuer Möglichkeiten von seiner und für seine menschliche Natur, überwindet.

Ob nun die ganze Menschheit da mitkommt und ob jede Kultur dazu geeignet ist, bleibt dahingestellt, wichtig ist dabei nur, dass wir dranbleiben und eine höhere Entwicklung anstreben. Der in Erfurt lehrende Philosoph Stefan Lorenz Sorgner sagt: „Ich habe ernsthafte Gründe, darüber nachzudenken, warum biotechnologische und sogar genetische Veränderungen moralisch legitim sein können und nicht moralisch verwerflich sein müssen.“ Der bekannte Philosoph Peter Sloterdijk spricht sogar von einer „biopolitischen Mobilmachung“.

Dann lässt sich vielleicht der von Nietzsche festgestellte Tod Gottes doch noch rückgängig machen …

Erstveröffentlichung in N.S. Heute #26

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